Das bezeichne ich nicht als Bürger!

Mittwoch, 30. September 2009

Nicht dass man niedergeschlagen sein müßte, falls man Hans Rudolf Wöhrls Definition, wann man als Bürger gelten dürfe und wann auf keinen Fall, nicht entspricht. Es ist kein nennenswertes Ziel, zu jenem bürgerlichen Kreis aufschließen zu wollen, in dem sich Wöhrl und seine Spießgesellen räkeln. Kein halbwegs belesener Mensch möchte innerhalb von Hinterfotzigkeit, Wichtigtuerei und Aufgeblähtheit ausharren, die in jenen Sphären Bürgertum stets bedeuten. Nein, es ist wahrlich kein Ziel, den bürgerlichen Entsprechungen des Wöhrls zu genügen.

Und dennoch heißt es Ohren spitzen, wenn uns Wöhrl die bürgerliche Welt erklärt: "... also, ich betrachte alle Leute nicht als Bürger, die nur - und zwar ausschließlich - den Staat diffamieren, die nur vom Staat Forderungen stellen und eigentlich nicht bereit sind, Gegenleistung zu bringen - das bezeichne ich nicht als Bürger." Wen er damit wohl meint? Es liegt nahe, die einfachsten Schlüsse zu ziehen, denn gemeinhin ist bei denen, die vorgeben, die Köpfe der Bürgerswelt zu sein, nicht mit Tiefgründigkeit zu rechnen. Keine Gegenleistung bringen Arbeitslose. Dafür stellen sie unentwegt Forderungen. Das ist in dieser Republik keine rauschige Stammtischparole mehr, das ist mittlerweile Standardrepertoire jedes ernstzunehmenden Demokraten. Man darf sich sicher sein, dass Wöhrl genau jene meinte. Gabor Steingart, Wöhrl in jener palavernden Runde schräg gegenüber sitzend, schritt ein. Selbstverständlich seien auch Arbeiter Bürger, diese historische Sichtweise sei heute passé. Natürlich, Steingart, der Sozialstaatsfeind, der seit Jahren nur neoliberalen Unsinn nachbetet, ergreift lediglich für jene das Wort, die auf Transferleistungen nicht angewiesen sind, die ihm nicht auf der Geldbörse liegen. Dem Arbeitslosen wollte er jedoch keine Bürgerrechte nachsagen, die verschwieg er einfach, obwohl offenbar war, dass Wöhrl nicht solche meinte, die auf dem freien Arbeitsmarkt Unterschlupf gefunden haben.

Später relativierte Wöhrl emsig, nachdem er bemerkt hatte, dass seine sonntägliche bürgerliche Bierlaune nicht alle Anwesenden ergriffen hatte. Kommunisten und solche Leute, die bei dieser ultralinken Partei mitmischen würden, seien für ihn keine Bürger. Weltanschauliche Freiheit findet bei Wöhrl also auch nicht statt, das heißt, die Weltanschauung darf natürlich frei gewählt werden - man ist ja liberal. Aber wer sich zu sehr von den gesellschaftlichen Vorgaben wegorientiert, der muß seine Freiheit eben damit bezahlen, für Wöhrl und Konsorten nicht mehr als Bürger durchzugehen

Wirklich, man muß sich nicht grämen, den bürgerlichen Vorgaben jenes Herrn nicht zu entsprechen. Hinterfragen muß man seine Definition aber schon. Denn hier wird offenbar, dass der Begriff des Bürgertums nicht historisch entschwunden ist, sondern immer latent im Weltbild seiner Kaste mitschwang. Es ist ja nicht so, dass er mit diesem Begriff lediglich separiert. Das wäre an sich schon bedenklich genug. Er sagt damit einerseits, "das sind wir, das seid ihr!", und andererseits bewertet er, "wir sind wer, ihr seid niemand!", was deutlich macht, wo für ihn Mensch beginnt, wo Ding anfängt. Die Verdinglichung wird sprachlich fassbar: "Das bezeichne ich nicht als Bürger", erklärte er. Das! Wen er nicht als Bürger begreife, hat er nicht aufgezeigt, aber was er nicht als Bürger versteht, das schon. Unterbewusst spielt das Sächliche die erste Geige, verdeutlicht seine arrogante Auffassung.

Hier wurden herablassend Menschen sortiert. Gutsherren wie Wöhrl reichen dazu einige Nebensätze, sie machen sich nicht einmal die Mühe, jemanden ausführlich und nachdrücklich ihre Menschenverachtung zu erklären. Aber was gibt es da auch zu erklären? Er ist exemplarisch für eine Gruppe, die sich als Herrenmenschen der Gesellschaft wahrnimmt, die Bürgerrechte willkürlich verteilen oder aberkennen würde, wenn sie nur die exekutive Macht dazu innehaben würde. Solche Musterstücke von Bürgersleut' setzen sich dann vor die Kamera, sprechen Menschen den Bürgerstatus ab, schimpfen kurz danach über die undemokratischen Kommunisten und wähnen sich in königlicher Unantastbarkeit. Nach dem letzten Sonntag brechen herrliche Zeiten für derlei Egomanen an. Nein, wahrlich, wer will schon der bürgerlichen Vorstellung dieses Kerls gerecht werden?

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Sit venia verbo

"Soziales Elend bringt keine automatische Linksentwicklung, schon gar nicht im autoritären, reaktionären Deutschland. Hier hat linker Widerstand keine erfolgreiche Tradition. Ein emigrierter Jude, vor deutschen Mördern geflohen, brachte erst in den 1960ern das Recht auf »résistance« nach Deutschland zurück. Herbert Marcuse sagte: "Ich glaube, dass es für unterdrückte und überwältigte Minderheiten ein "Naturrecht" auf Widerstand gibt, außergesetzliche Mittel anzuwenden, sobald die gesetzlichen sich als unzulänglich herausgestellt haben. […] Es gibt keinen anderen Richter über ihnen außer den eingesetzten Behörden, der Polizei und ihrem eigenen Gewissen. Wenn sie Gewalt anwenden, beginnen sie keine neue Kette von Gewalttaten, sondern zerbrechen die etablierte." (Aus: Repressive Toleranz, 1964)

In der letzten Rede vor seinem Tod, im Juni 1968, stimmte der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, dem wir verdanken, dass es die Auschwitzprozesse in den 1960ern gegeben hat, explizit diesen Aussagen Marcuses zu: "Das ist ganz in Übereinstimmung mit dem, was Gemeingut der Rechtsgeschichte ist."

Wenn es also darum geht, "alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist", wie Karl Marx es formulierte, ist die herrschende Ordnung zu erschüttern. Es ist die schönste vorstellbare Utopie, in einer Welt zu leben, in der alle Menschen, die Chance haben, ihr ganzes soziales, intellektuelles und kreatives Potenzial frei zu entfalten. Ein menschenwürdiges Leben für alle in einer Gesellschaft ohne Lohnarbeit und Kapital und ohne das grenzenlose Wachstum des kapitalistischen Wirtschaftens mit seinem Zwang zu Profit, Konsum und Konkurrenz."
- Jutta Ditfurth, "Was tun? Und mit wem?" -

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Vorbelastet sind sie alle

Dienstag, 29. September 2009

Im Kadaver gärt es. Gesucht wird ein neuer Anführer, der es sich zutraut, den Batzen quirliger Aaskäfer zu befehligen. Er soll die aasige Obliegenheit empfangen, den Leichnam langsam aber bestimmt zu vertilgen. Irgendwo in den Weiten der Leichenfauna muß er doch seiner Aufgabe harren; es wäre doch gelacht, zwischen all dem Krabbelvolk keinen Leithammel zu finden.

Da wird Heiko Maas maßlos überschätzt, weil er plötzlich zum Herrn der Nekrophagen taugen soll. Vergessen ist seine Maasarbeit, sein ehemaliges Blog von Focus' Gnaden, in dem er zwar immer wieder den Sozialdemokraten durchschimmern ließ, sich beispielsweise liebevoll an den Kündigungsschutz kuschelte, aber viel zu oft die Reformpolitik des Schröderianismus lobte und verteidigte. Der Satz, wonach derjenige, der arbeitet, am Ende auch mehr in der verschlissenen Tasche haben müsse, als jemand, der morgens liegen bleibt, scheint im Miniwahr der Schnelllebigkeit zerronnen zu sein. Selbstredend, dass dieses Ideal nur durch niedrige Regelsätze erreichbar ist. Jugend macht noch keinen Neuanfang.

Da sind Seneschalle wie Gabriel und Nahles. Ersterer bereits Opfer schröderianischer Reformpolitik. Er mußte seinen Ministerpräsidentenposten opfern, damals, als alle SPD-Landesherren zur Abwahl bereitstanden, weil das unzufriedene Wahlvolk seinen Ekel an der schröderschen Sozialdemokratie bei Landtagswahlen zur Schau stellte. Gabriel hat sich der seinerzeit ins Haus stehenden Reformitis gebeugt, sie verteidigt, nicht aufbegehrt, ist mitmarschiert - und abgetreten. Mitmarschiert ist Nahles eine ganze Weile nicht, sie mimte die Linke, das soziale Gewissen der Partei. Dieses verkörperte sie immer dezent und zurückhaltend, noch eine Spur dezenter und zurückhaltender agierte sie, als sie für höhere Posten berufen schien. Sie befürwortete die Reformen selten, aber vom Widerstand war keine Spur mehr, man war angekommen in der Realität zertrümmerten Sozialstaates. Erst neulich, als der Patient die Augen schloss, fand sie wieder einmal deutlichere Worte. Wie scheußlich doch Verwandte sind, die nach dem Ableben der lieben Tante zur Lästerei ansetzen!

Widerstand gab es ganz zu Anfang. Da saß Ottmar Schreiner gegenüber Michel Friedman. Friedman setzte unter Druck, wie er das immer tut, wenn er als Hausherr einer eigenen Sendung fungiert. Ob er standhaft bleibe, den Agenda-Kurs weiterhin ablehne. Werde er! Ob er dagegen stimme. Natürlich! Schreiner triefte, sonderte Schweißfontänen ab, Friedman nahm den armen Kerl arg in die Mangel. Zurück blieb das Bild eines eisernen Sozialdemokraten, eines Arbeiters, der seinen Schweiß fließen ließ für die Schwachen der Gesellschaft. Dann drohte sein Kanzler und plötzlich sah er das überarbeitete Reformkonzept für akzeptabel an. Schreiner wird heute ebenso genannt, er sollte die Leitung haben, heißt es, wenn sich an der Leiche gütlich getan wird.

Ob man die Überreste des einst blühenden Lebens wirklich beseitigen möchte, ist sowieso fraglich. Was aber deutlich wird dieser Tage: Ein Neuanfang ist uferlos. Beinahe jeder innerhalb der Partei, der in der letzten Dekade auch nur ein kleines Pöstchen innehatte, ist mit den hartzschen Fleckenfieber infiziert, beinahe jeder hat befürwortet, entkräftet, gutgeheißen, Vorteile und Notwendigkeiten aufgezeigt, abgewiegelt, schöngeredet und gelegentlich warme Pullover und Essenspläne empfohlen. Eine Entschröderisierung, mit Fragebogen zur parteilichen Vergangenheit und zur ethischen Gesinnung, mit Stellungnahmen vor Tribunalen, würde zutage fördern, dass die Mittäterschaft oft, das Mitläufertum noch viel öfter an der Tagesordnung stand. Geschähe dies, wären die Postenjäger in Bund, Ländern und Kommunen zu entfernen, die Parteispitzen entvölkert.

Da kann die Partei noch so sehr nach dem Herrn der Aaskäfer forschen. Sie wird nur Teile des Kadavers finden, die in ihrem Verwesungszustand zufällig zu käferförmigen Fleischresten verfault sind, die auf den ersten Blick wie emsige Krabbler wirken, wahrhaft aber abgestorbene Materie darstellen. Stunde Null herrscht nur dann, wenn man jemanden rekrutieren würde, der im letzten Jahrzehnt von jeder Mittäterschaft befreit war, keine parteiliche Verantwortung trug. Doch so einer wird gar nicht erst gesucht. Gesucht wird jemand, der relativ unbescholten riecht, die Agenda kritisiert, sich jedoch abends mit Schröders Agenda-Rede als Nachtlektüre zu Bett begibt. Solche Mistkäfer gibt es tatsächlich ausreichend...

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Weiter so!

Montag, 28. September 2009

Gott sei Dank! Was müssen wir doch froh sein, letztes Jahr noch die Reißleine gezogen zu haben. Das war haarscharf, wäre beinahe im Desaster geendet. Aber wir haben die Zeichen der damaligen Zeit erkannt, haben umgehend gehandelt und eine unliebsame Entscheidung gefällt. Wir sind froh, und wir wissen heute, es war die einzig richtige Maßnahme. Gott sei Dank, haben wir Kurt Beck vor etwas über einem Jahr aus der Verantwortung genommen. Dieser peinlichste aller Parteivorsitzenden hätte beinahe die Sozialdemokratie zertrümmert. Aber wir haben weitblickend gehandelt und unseren grauen Wolf mit seiner ehemaligen Aufgabe betraut.

Man stelle sich nur mal vor, wir hätten den Pfälzer auf der Parteiklausur damals nicht aus seinen Sessel geputscht. Nicht auszudenken! 23 Prozent wären mit ihm utopisch gewesen. Die hätten wir nie erreicht. Wir hätten ein "Projekt 18" ins Leben rufen müssen, nur damit wir am Wahlabend ernüchtert festgestellt hätten, dass nicht einmal dieses Ziel erreicht wurde. Der graue Wolf, unser Kaiser Franz, hat uns wichtige Prozentpunkte gesichert. Ohne ihn hätte es einen vollendeten Unglücksfall gegeben. Wenn wir ihn nicht eingesetzt hätten, würde es uns möglicherweise gar nicht mehr geben. Nur diese Ypsilanti ließ sich ewig nicht unterbuttern. Doch wir haben es ihr gerade noch rechtzeitig ordentlich gezeigt. Hätte es diese Lügenbaronesse nie gegeben, wir hätten sicherlich zwei, drei Prozentpunkte mehr eingesackt. Unsere vier Helden sind wahrscheinlich etwas zu spät in den Widerstand gegangen. Dennoch sind wir stolz auf sie, auch ihnen gehört ein kleiner Anteil am gestrigen Resultat. Durch ihr Engagement und Gewissen, konnte sich die Sozialdemokratie doch noch festigen.

Deswegen verstehen wir die ganze Aufregung nicht. Die Wahl war vielleicht kein haushoher Sieg, das ist schon wahr. Aber wir müssen doch mal die Kirche ins Dorf stellen, müssen uns die Situation vor Augen führen. Müntefering, im Verbund mit Steinmeier, hat eine Partei übernommen, die vollkommen am Ende war. Es war ein hartes Stück Arbeit, der Partei die Rolle als zweitstärkste Fraktion im Bundestag zu sichern. Das sollte man anerkennen, so wie wir Sozialdemokraten es anerkennen. Es gibt beim besten Willen keinen Grund für Personalwechsel. Auch eine Neuausrichtung ist uferlos. Als Beck damals bereit war, die Sozialdemokratie in plumpen Kommunismus zu verwandeln, da haben wir ja gesehen, wo es endete. Nein, die Menschen, unsere Wähler, wollten eine standfeste Partei, die zu ihren Prinzipien steht. Und es hat gefruchtet, wieder zielstrebig Kurs zu halten. Wir sind die zweitstärkste Partei, wir sind Vizegewinner, haben diese becksche Krise völlig überwunden.

Wir lassen uns aber von Außenstehenden nicht beeinflussen. Und diese Horde nerviger Sozialdemokraten von der Basis, die in ihren Ortsvereinen herumnöhlen und kein gutes Haar an unserer Partei lassen, können ja austreten. Wir wollen keine Mitglieder, die nicht auf Linie liegen. Nein, wir sind nicht erpressbar. Wir machen weiter so! Weiter so, denn das ist der richtige Weg. Der Erfolg bekräftigt uns. Es fällt uns natürlich schwer, unseren Erfolg zu beweisen, schließlich können wir schlecht eine zweite Zeitlinie offenhalten, in der Kurt Beck weiterhin Vorsitzender geblieben wäre. Könnten wir das jedoch, so würden wir gestern eine Partei bei 14 oder 16 Prozent gesehen haben. Unser Problem ist nicht, dass man uns unsere 23 Prozent madig macht, unser Problem ist, dass uns Raum und Zeit nicht erlauben, das satte Plus zu beweisen, welches wir beim Vergleich zwischen Beck-Linie und realer Müntefering-Linie eingefahren haben. So muß man das sehen! So müßte man es jedenfalls sehen, wenn es denn technisch ginge.

Wir haben alles richtig gemacht vor einem Jahr! Darauf sind wir stolz. Wir haben keine Verluste eingefahren, wir haben ordentlich zugelegt, seit dem Wechsel an der Parteispitze. Uns blieb nur zu wenig Zeit, unsere Ziele zu vermitteln. Außerdem hat der becksche Ausrutscher Misstrauen gefördert, das haben uns viele Wähler noch nicht verziehen. Wir machen jetzt erstmal so weiter, feiern nächstes Jahr ausgelassen den siebzigsten Geburtstag unseres Vorsitzenden, wir haben ja schließlich ordentlich Zeit, um bis zu den nächsten Wahlen unsere Vorstellungen an die Wähler heranzutragen. Absteigender Ast! Das ist doch eine böswillige Unterstellung. Seit September 2008 geht es aufwärts. Und wir haben auch nicht vor, dass sich das ändert. Als Schröder 1998 Kanzler wurde, hat er mit der Partei ein Plus von knapp fünf Prozent im Vergleich zu 1994 eingefahren. Keine fünf Prozent! Unser Steinmeier hat zwischen sieben und neun Prozent mehr eingefahren, als jener Steinmeier in der beckschen Zeitlinie! Selten hatten wir einen erfolgreicheren Kandidaten. Das müssen wir schon mal betonen, damit man erfassen kann, wie stark aufwärts es mit uns doch geht. Wir werden unser bestes Pferd doch nicht aus der Partei boxen!

Weiter so! Das ist das Gebot der Stunde. Ab 2013 werden Müntefering und Steinmeier der stärksten Fraktion des Bundestages vorstehen. Gott sei Dank, haben wir Kurt Beck damals vor die Tür gesetzt! Kaum auszudenken, welches Szenario uns geblüht hätte...

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De omnibus dubitandum

Bei der Bundestagswahl wählten...

  • ... 29,2 Prozent aller Wahlberechtigten gar nicht.
  • ... 23,6 Prozent aller Wahlberechtigten die CDU/CSU.
  • ... 16,1 Prozent aller Wahlberechtigten die SPD.
  • ... 10,2 Prozent aller Wahlberechtigten die FDP.
  • ... 8,3 Prozent aller Wahlberechtigten die LINKE.
  • ... 7,5 Prozent aller Wahlberechtigten die Grünen.
Die schwarz-gelbe Koalition, ausgestattet mit einer souveränen Mehrheit im Reichstag, kann 33,8 Prozent aller wahlberechtigten Stimmen auf sich vereinigen. Die Oppositionsparteien zusammengenommen, verfügen über einen Rückhalt von 31,9 Prozent. Die aggressiv postulierte klare bürgerliche Mehrheit gibt es demnach nicht. Sie ist ein aufgeputschtes Konstrukt, das dem bundesrepublikanischen Wahlmodus geschuldet ist. Die im Parlament zustandegekommene Mehrheit spiegelt damit nicht den tatsächlichen Wählerwillen wider.


Bei der Landtagswahl in Brandenburg wählten...
  • ... 32,5 Prozent aller Wahlberechtigten gar nicht.
  • ... 21,7 Prozent aller Wahlberechtigten die SPD.
  • ... 17,9 Prozent aller Wahlberechtigten die LINKE.
  • ... 13,0 Prozent aller Wahlberechtigten die CDU.
  • ... 4,7 Prozent aller Wahlberechtigten die FDP.
  • ... 3,7 Prozent aller Wahlberechtigten die Grünen.
Eine schwarz-rote Koalition würde auf 34,7 Prozent aller Wahlberechtigten basieren. Ginge die SPD mit der LINKEN zusammen, wären 39,6 Prozent Grundlage.


Bei der Landtagswahl in Schleswig-Holstein wählten...
  • ... 26,5 Prozent aller Wahlberechtigten gar nicht.
  • ... 22,7 Prozent aller Wahlberechtigten die CDU.
  • ... 18,3 Prozent aller Wahlberechtigten die SPD.
  • ... 10,7 Prozent aller Wahlberechtigten die FDP.
  • ... 8,9 Prozent aller Wahlberechtigten die Grünen.
  • ... 4,3 Prozent aller Wahlberechtigten die LINKE.
  • ... 3,1 Prozent aller Wahlberechtigten die SSW.
Die knappe parlamentarische Mehrheit der schwarz-gelben Koalition, entspricht den bereinigten Zahlen nach 33,4 Prozent aller Wahlberechtigten. Mehrheitsverhältnisse stützen sich demnach in Schleswig-Holstein ebenso wie in Brandenburg und auf Bundesebene, auf nurmehr ein Drittel aller Wahlberechtigten.

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Der Selbstsucht gehört die Zukunft

Sonntag, 27. September 2009

Es ist der Triumph der Ellenbogen, der Gewinn der Egomanie. Auf jene, die sich optimistisch Liberale rufen, springen dieser Tage vornehmlich junge Menschen an. Junge Menschen, denen man den Ellenbogen schmackhaft machen kann, die ihn auch selbst schon probiert, eingesetzt oder erfahren haben. Menschen, die es als selbstverständlich anerkennen, dass gesunde soziale Kälte, Ignoranz am Nächsten, egoistisches Vorankommen und als Toleranz verkleidetes Desinteresse an der Not des Mitmenschen, zur gesellschaftlichen Norm taugen. Es findet eine Klientel zur geballten politischen Institution, die dem Konsumliberalismus vollkommen erlegen ist, materielle Güter zum obersten Gebot, finanziellen Reichtum zum Ideal, Überlegenheit zum Lebensprinzip erhoben hat.

Was die Freien Liberalen ansprechen, das sind die niedersten Beweggründe des Menschen. Sie verklären jeden sozialen Gedanken, tun ihn als Schwärmerei ab, krönen ersatzweise die Gier, den zur Egomanie verkommenen Individualismus, den abgewinkelten Arm zum Sinn des Daseins. Junge Menschen, in eine Welt geworfen, die sich freigemacht hat von ideelen Werten, die nur Titel, Konten, Posten wertig sein läßt; junge Menschen, die in ein Leben geworfen wurden, durch das verelendete Massenmedien leiteten, das von mangelnder Nutzwert-Bildung flankiert wurde, in dem die voll entfaltete Oberflächlichkeit der Konsumgesellschaft regierte, sind gefundenes Fressen für die technokratischen Leistungsbotschaften jener Partei. Sie spricht Menschen dort an, wo der Verstand verstorben ist, erklärt ihnen, dass sie sicherlich zu denen gehören werden, die auf der Seite der Starken logieren, auf jener Seite, von der man auf das kleine elende Häufchen der Schwachen hinabspucken darf.

Michel Houellebecq, umstrittener französischer Schriftsteller, beschreibt in seinen Büchern eine Gesellschaft, in der das marktschreierische Potenzial des Egomaniemarktes zur Blüte gelangt ist. Ob die Urlaubsindustrie, moderne Sekten, das horizontale Gewerbe sowieso: überall buhlt man um die egomanischen Handlungsursprünge des Kunden. Man schneidert Produkt oder Dienstleistung der egoistischen Triebfeder zu, bestärkt denjenigen, dessen Geld man möchte, in seiner Selbstliebe und seinem Stärkegefühl. Selbst der freie Markt der Liebe wird von der Egomanie der Partnersuchenden dominiert. Houellebecq erkennt darin die Ersatzreligion unserer Tage, wenngleich er meist anklingen läßt, dass er diese Religion noch im Anfangsstadium ansiedelt. Gelegentlich enden seine Bücher in einer nahen oder fernen Zukunft, in der der neue Kult bereits Alltag wurde, Folgen gezeitigt hat, die zur vollendeten Vereinzelung geführt haben. Seine Protagonisten sind Menschen der Arbeits- und Leistungsgesellschaft, vereinsamt, sexuell frustriert oder ständig lüstern, kaum fähig soziale Nähe aufzubauen. Näher betrachtet sind es ausgemachte Verlierer, traurige Gestalten unserer Gesellschaft, die dem Wahnsinn unserer Zeit zwar auf die Schliche gekommen, nicht aber entkommen sind. In ihrem Umfeld tummeln sich Typen, die an das Leistungsprinzip glauben, die auf Minderleister schimpfen, harte Maßnahmen gegen menschliche Kostenfaktoren einfordern und generell jedem Faschismus die Fahne halten würden, wenn er ihnen nur materielle Sicherheit böte und ihre Eitelkeiten zu streicheln wüsste.

Für einen solchen Protagonisten Houellebecqs, der eigentlich beinahe immer gehemmt und einsiedlerisch auf dem dreckigen Teppich seiner Wohnung sitzend und rauchend, oder nackt nach dem kalten Sexualakt mit einer Prostituierten im Bett liegend, über das Leben in unserer Zeit nachdenkt, dabei die Dinge recht klar deutet, wäre der Erfolg einer politischen Partei, die so eindeutig die Qualität der Ellenbogen des Starken hervorhebt, keine plötzliche Überraschung. Die Parteisoldaten wären in seinen Augen nur Verkäufer, die ihre Dienstleistung mit jeder Schmeichelei die notwendig ist, an den Mann bringen wollen. Er würde dem Leser darüber unterrichten, dass deren Ware ideelen Wert hätte, ein Stück Selbstbewußtsein darstellen, dass der im Keim ruhenden Egomanie des modernen Menschen zugeführt würde. Endlich träte jemand auf sie zu und erkläre ihnen, dass sie leistungsfähig, fleißig, vernünftig seien und deshalb auf der Sonnenseite der Gesellschaft stünden, während man einen unsichtbaren Feind bekämpft, den windigen Fettsack, der faul dem Leistungsfähigen auf der Tasche liegt. Houellebecq sähe solche Herren des Leistungsgedankens nicht nur als reiche Marionetten des großen Geldes, er würde sie als Vorboten einer neuen Religion entlarven. Als Prediger eines Individualismus, der ungeniert dem Egoismus frönt. Sie ständen da wie der gerne fehlinterpretierte Nietzsche, von einem neuen Menschentypus träumend, von Starken als Herrenkaste installiert über dem Schwachen - einem entmenschlichten Rudel -, unfähig Mitleid oder Verständnis zu empfinden.

Jene Partei greift dort ein, wo das Selbstwertgefühl des Menschen beginnt. Wo der Mensch sich als besser, fähiger, lebenswerter als seinen Nächsten betrachtet. Sie - die Partei - kennt keinen gemeinsamen Nenner, kein Ziel für die Gesamtgesellschaft, sie kennt nur sich und ihre Klientel. Sie dankt es dem Wähler nicht, sofern er nicht penibel dem Leistungsprinzip entspricht und in deren elitäre Sphären vorstösst. Sie bietet eine Form materieller Religion an, aufgebaut auf realen Grundwerten des Besitzens. Sie ist ein Zukunftsmodell, weil sie in Zeiten sozialen Ungleichgewichts nicht Gleichgewicht und ethische Neuausrichtung des Zusammenlebens verwirklichen will, sondern die Niedertracht, verankert in der conditio humana, füttert. Sie geht den einfachen Weg des Aufstachelns, betritt den steinigen Pfad einer solidarischen Gesellschaft jedoch auf keinen Fall. Der Ellenbogen ist deren Kruzifix, das Durchboxen durch eiskalte Sozialgefilde deren Passionsweg, das Amen heißt Steuersenkung. Ein Amen, welches klarmacht, dass eine Gesellschaft des Egoismus angestrebt wird, dass der Egomanie Vorschub geleistet wird, weil diese angeblich als unsichtbare Hand jeglicher Ausgewogenheit diene. Der Leistungsträger soll nicht für die Brotkrumen des Minderleisters aufkommen müssen, jedenfalls nicht im großen Maßstab. Es sind die Vorboten einer Gesellschaft, in der jeder für sich ist, in der jeder in der Masse einsam steht.

Für Leser der houellebecqschen Literatur ist dieser Abend eigentlich keine Überraschung. Eigentlich. Und eigentlich war und ist er es doch. Eigentlich ist man überrascht, dass es einem so an die Nieren ging und wohl noch eine ganze Weile gehen wird. Solange wir der Selbstsucht nicht Einhalt gebieten, sie weiterhin in Form medialer Verdummung hofieren, wird ein Umdenken in sozialere Bahnen unmöglich sein. Gelingt es den parteilichen Egomanen weiterhin, die Selbstsucht zum Programm zu machen, weil die gesellschaftlichen Grundlagen dafür bereitet werden, so werden politische Konzepte, die auf Ausgleich gerichtet sind, als Frevel am wahren Wesen des Menschen behandelt. Derzeit gehört der Selbstsucht die Zukunft.

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Bekenntnis zum Sonntag

Freitag, 25. September 2009

Obwohl es mir schwer fällt, mich am Parlamentarismus und an politischen Parteien zu erfreuen, lege ich heute mein Bekenntnis ab. Am Sonntag wähle ich zweistimmig die LINKE. Natürlich entsprechen viele Punkte des Partei- und Wahlprogrammes meinen Anschauungen, andere widerstreben mir aber ebenso natürlich. Wenn sich die LINKE heute mit der Abwrackprämie rühmt, die nur durch ihr Engagement entstanden sei, dann wird die Systemimmanenz offenbar. Jemand der Dezentralisierung, Basisdemokratie und Ökologismus als wesentliche Grundpfeiler neuen Zusammenlebens befürwortet, kann zwangsläufig mit politischen Parteien nicht anbandeln. Denn frei nach Konstantin Wecker: Ich bin kein Parteimitglied. Ich habe auch nicht vor, das zu ändern. Denn ich bin der Meinung, dass die Politik ethischer werden muss und nicht umgekehrt.


Dennoch wähle ich am Sonntag die LINKE. Ich wähle sie, weil sie sich einen Rest sozialen Anspruchs bewahrt hat. Ich wähle sie, weil ich die Jugend dieser neuen Bewegung rund um die Partei ausgenutzt haben möchte, bevor es in einigen Jahren vielleicht zu spät ist, weil sie welk wurde wie Dörrobst. Ich wähle sie, weil ich die dauernde Hatz gegen alles was nach LINKE riecht, nicht mehr ertragen kann und ich die Hetzer mit ihrem menschenhassenden Weltbild nicht als Mandatsträger installiert haben möchte. Ich wähle sie, weil sie für einen Rest von Gerechtigkeit steht, während in der Presse schon vorab erklärt wird, dass Gerechtigkeit lediglich ein Phantasieprodukt Unzufriedener sei.

Eine bestimmte deutsche Tageszeitung hat kürzlich von Prominenten und ihren bevorzugten Parteien berichtet. Keiner von denen sprach sich für die LINKE aus. Sodann und Wecker wurden natürlich nicht gefragt. Es entstand der Eindruck, als würde die prominente Vernunft - nur Vernünftige werden ja prominent! - eingesehen haben, dass die LINKE stinkt. Ein Bekenntnis, gerade auch, wenn mehrere Zeitgenossen geschlossen bekennen, selbst wenn sie Kritik an dieser Partei üben, ist daher der notwendige Akt zivilcouragierter Wähler.

Wir wählen die LINKE, mehr oder minder überzeugt, mehr oder minder erfreut. Wir wählen sie, weil sie die letzte wählbare Alternative bleibt, weil es Gebot gesunden Pragmatismus' ist, jemanden seine Stimme zu geben, der nicht zuviel Schindluder mit dem verliehenen Volksauftrag treibt. Ich bin kein Parteimitglied und werde auch fortan kritisch mit der LINKEN umspringen. Mit meinem Bekenntnis habe ich niemanden Treue oder ewige Liebe versprochen. Zwar wähle ich nicht in vollster Überzeugung, aber doch überzeugt davon, dass es neben der LINKEN keine mehrheitsfähige Partei gibt, die das Bisschen an Volkswillen, das man mir gestattet, auch verdienen würde. Ich verheirate mich mit diesem Bekenntnis nicht mit der LINKEN, werde kein Parteisoldat und hinterfrage weiterhin. Dies könnte ich gewissenhaft geloben, denn meine zugegeben ausgeprägte Eitelkeit würde Unterordnung oder auferlegte Parteidirektiven niemals billigen.

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De dicto

Donnerstag, 24. September 2009

"Lafontaine hatte wörtlich in einem Interview gesagt: „In Frankreich kommt es schon mal vor, dass Autobahnen und Zugstrecken blockiert werden, wenn die Regierung gegen den Willen der Bevölkerung handelt. Das wünsche ich mir auch für Deutschland. [...] Wenn Maßnahmen wie Hartz IV oder die Rente mit 67 verabschiedet werden und die große Mehrheit der Bevölkerung dagegen ist, dann kann sie den Verkehr oder die Produktion lahmlegen.“

CDU-Minister Schünemann sagte dazu, Lafontaines Äußerungen könnten möglicherweise strafrechtlich relevant werden. [...] „Lafontaine gibt damit erneut den besonders radikalen Kräften seiner Partei Auftrieb, die im Zeichen der Krise soziale Unruhen schüren wollen und ein gebrochenes Verhältnis zu unserem demokratischen Rechtsstaat haben.“
- Handelsblatt, am 23. September 2009 -
Zum Gesagten sei angemerkt: Dreh' dich abermals um, Bürger, kuschel' dich ins Kissen, schlummere noch ein wenig, sorge dich nicht ob der Zustände! Solange das eingefleischte Demokratentum mit Argusaugen auf die kommunistischen Zündeleien herabblickt, ist dein gesunder Dämmerzustand gesichert. Dieses Land muß sich glücklich schätzen, dass es noch Männer aus Schrot und Korn birgt, die das Abgleiten in Anarchie verhindern werden. Männer wie jenen Schünemann.

Schünemann, die fleischgewordene Verfassung, die inkarnierte Liebe zur demokratischen Kultur und Denkart. Schünemann, der die elektronische Fußfessel für Islamisten und gefährliche, nicht abschiebbare Ausländer forderte, der also die Menschenwürde so sehr liebt, dass er sie anbinden möchte. Schünemann, der präventive Telefonüberwachung zur niedersächsischen Realität werden ließ, hernach aber vom Bundesverfassungsgericht einkassiert wurde. Schünemann, der Wanderfreund, der patrouillierende Bürgerstreifen zum Ideal erhebt, der den Mob zum Wandern bringen möchte, zum Umherstolzieren durch Ortschaften - ob dazu Eisenstangen gereicht werden, wie in Italien des Berlusconi, natürlich nur, um sie als Wanderstöcke zu gebrauchen, hat er für sich noch nicht entschieden. Schünemann, der penetrant über Verfassungsänderungen nachdenkt, damit Lauschangriff und Rasterfandung zu ihrem Unrecht kommen können. Ach Schünemann, der Killerspiele verboten haben möchte, damit die killing fields von seinen Bürgerwehren ins wahre Leben geholt werden können.

Und so ein Typ denkt über strafrechtliche Relevanz nach! Wer nur ein Körnchen von Schünemanns Wirken kannte, musste auf einen Blick erkennen, welche clowneske Veranstaltung hier inszeniert wurde. Wenn er wenigstens astrein gewesen wäre, dann hätte man seine engstirnige Kritik an Lafontaine runterschlucken können. Man muß Lafontaines Ansichten nicht teilen - der Verfasser dieser puritanischen Zeilen, teilt in dieser Frage durchaus die Ansichten -, aber wenn dann ein wilder Hund wie Schünemann als Anwalt der Vernunft auftritt, jemand der quasi vor Kriegstreiberei warnt und sie auch bestraft wissen will, gleichzeitig den Freiheits- und Persönlichkeitsrechten der Menschen aber schon lange den Krieg erklärt hat, dann ist es unmöglich brav danebenzusitzen und zu schweigen. Es ist wirklich der Treppenwitz dieser Republik, dass jemand wie Schünemann, der strafrechtlich bisher scheinbar immer entkommen ist, strafrechtliche Folgen für Lafontaine einfordert. Die Arroganz ist fassbar, die Plumpheit dahinter sowieso.

Jedenfalls ist ein Land, in dem Puffmütter ein Hohelied auf die Enthaltsamkeit anstimmen, nicht mehr als eine große Zirkusvorstellung. Den Clown haben wir soeben bewundert, ein trauriger Clown, der sich zwar keine Träne auf die Backe gemalt hatte, der aber im Gegenzug uns Tränen abtrotzte - Tränen der Erheiterung, Lachtränen. Das Publikum liebt Nummern, in denen der dumme August den Mann von Welt gibt. Wir müssen die Moralisten vom Schlage eines Schünemann als Komödianten begreifen, dann bleibt uns das Leben vielleicht erträglich.

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Das Heil der Anderen

Mittwoch, 23. September 2009

Schon wieder! Neuerlich hat eine Person des öffentlichen Geschehens den Arm ausgestreckt und den Gruß des böhmischen Parvenus verkörpert. Zwar geschah dies schon vor drei Jahren, aber das hindert Deutschlands bekanntestes Revolverblatt nicht daran, es zum Aufmacher seiner Online-Ausgabe zu ernennen. Wer mit deutschem Gruß salutiert, landet auf Seite eins - das ist die oberste Maxime des hohen Hauses. Das war so, als ein offensichtlich bekannter Schallplattenzerkratzer heilsbringend aus dem Urwald grüßte, und ebenso, als aus dem Mund des großen Bruders ein spaßiges "Sieg Heil" erscholl. Nicht anders erging es einem trotteligen Mädchen, das sich als Moderatorin versuchte, dabei seine Medienpräsenz gleich mal ausnutzte, um der Republik zwischen zwei Anrufern zu verkünden, dass Arbeit frei mache. Allesamt sonderliche Schwachköpfe, soweit könnte man mit der genannten Tageszeitung noch konform gehen.

Aber wenn man dann danebensteht, beobachten muß, wie die Nazi-Sau durchs Dorf getrieben wird, weil dieser oder jener Trottel mal wieder salutiert oder braune Phrasen gedroschen hat, wie diese Dummköpfe also auch noch ein tagelanges Forum für ihren kruden Humor erhalten, dann ist man dazu gezwungen, sein Haupt abzuwenden. Denn dann ist aus der Entrüstung Boulevard geworden, der uferlos über Eklats erzählt und die Gehirnerweichung der salutierenden Herrschaften zum Sujet dümmlicher Berichterstattung macht. Tage- manchmal wochenlang suhlt sich dann ein abgehalfterter Rennzirkusclown oder ein gernegroßer Musikverhunzer in der Öffentlichkeit, gibt sich zuweilen reumütig, zahlt seine Strafe aus der Portokasse und der bundesweiten Leserschaft wird unter die Nase gerieben, dass in diesem Lande keinerlei Ausschreitungen brauner Machart mehr möglich seien. Justiz und Presse im Kampf gegen ausgestreckte Arme und Heilsverkündigungen.

Irgendwann verschwindet der Spuk aus dem Wald springender Blätter. Man widmet sich wieder den großen Themen unserer Gesellschaft. Da tritt dann ein ehemaliger Finanzsenator auf, den man seriös befragt, der staatsmännisch zu Protokoll gibt, dass wir zuviele arme Kinder haben, weil zuviele Arme Kinder kriegen, während die Eliten, die sich Kinder leisten könnten, meistens Beischlaf ohne Wertschöpfung praktizierten. Daher sei Gebot der Stunde, hartnäckig am Ball zu bleiben, damit wieder die Richtigen Kinder kriegen. Jungspunde laufen auf, wollen Senioren bestimmte medizinische Eingriffe aus Rentabilitätsgründen aberkennen, und wenn wir schon beim Aberkennen sind: Warum nicht auch das Wahlrecht? Und warum sollten nur Rentner nicht wählen dürfen? Es gibt doch auch andere unnütze Esser! Auftritt Ärzte-Funktionär. Er will die Selektion von Kranken. Bei wem rentiert sich Behandlung? Wer wird trotz Behandlung zum unnützen Lebensmitteldieb? Von den Ökonomen, die Armut und das Abgleiten ins ALG II als die eigene Schuld, das eigene Versagen der Betroffenen brandmarken, soll erst gar keine Rede sein.

Und wie reagiert man bei Deutschlands größter Boulevardzeitung? Auch hier wird endlos berichtet. Gleichheit ist Gebot! Nur geht man hier anders vor, fragt heuchlerisch, ob denn der Ex-Senator nicht recht habe, ob der Grünschnabel nicht innovativ denke, ob der Funktionär nicht ein Mann sei, der die Dinge auf den Punkt bringt. Natürlich liefert man auch Antworten: Der Ex-Senator ist ein kantiger Typ, jemand mit Format, schroff zwar, aber ehrlich und in der Sprache des kleinen Mannes sprechend, ein verkannter Volkstribun; Herr Naseweis indes ist ein großes politisches Talent, ungestüm, kaum zu bändigen, ein Junge mit Profil, der an den Toren des Kanzleramtes rüttelt, laut schreiend, dort einmal hinein zu wollen; der Doktor ist freilich einer, der seinen Patienten Liebe zukommen läßt, ein Funktionär zum Anfassen, Koryphäe auf seinem medizinischem Gebiet, gleichzeitig ein Freund der Kranken. So geht es dann eine ganze Weile, dann und wann wird einer dieser großartigen Philosophen sogar zum Gewinner des Tages gekürt. Große Denker wollen schließlich belohnt sein, und wenn sich die Öffentlichkeit schon nicht dankbar erweist, dann muß das eben das Räuberblatt übernehmen.

Ach, ihr Heilsrufer, die ihr euren Arm zum deutschen Gruße ausstreckt; ach, ihr dümmlichen Gestalten und abgeschmacktes Boulevardfutter! Wenn es euch nicht gäbe, wenn man eure Ausrutscher nicht medial geißeln dürfte, dann wäre es den hohen Damen und Herren beinahe unmöglich, ihre Heilsverkündigungen öffentlich zu formulieren. Ach, ihr Idioten! Lernt von denen, die seriös befragt werden, über die man ordentlich berichtet. Sie lassen ihre Hände in der Hosentasche - sicher ist sicher. Sie beschließen ihre cerebralen Zersetzungserscheinungen nicht mit dreifachem "Sieg Heil". Sie bleiben bei der Bräune der Sache, lassen den braunen Ritus aber aus Pietätsgründen in der Tasche stecken. Man kann sich sein Heil auch denken, man kann seine Finger auch in der Hosentasche abspreizen und die Hacken unmerklich zusammenstubsen. Ach, ihr dämlichen Hunde, wenn ihr diese Zurückhaltung gelernt hättet, dann könnte dieses ganze menschenverachtende Sputum nicht so seriös in seinem Sessel lümmeln. Aber so lenkt ihr ab, erweckt den Anschein, als sei es mit der braunen Gesinnung schlecht bestellt, als würde jede Gesellschaftsanstrengung dem Kampf gegen Faschismus dienen, nur damit sich der Faschismus der Anderen durch die Hintertüre ins Haus schleichen kann. Ach, ihr verblödeten Feigenblätter der wirklichen Räuberbarone!

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Sit venia verbo

"Dass einer dem anderen den Kopf abschlägt, ist eine brutale Erscheinung für unser verfeinertes Nervensystem", schrieb 1911 der Heidelberger Jurist Ernst Immanuel Bekker. Das Gräßliche findet nicht mehr statt. Kein Scharfrichter salutiert mit blutigem Schwert vor dem Richter, der das Todesurteil aussprach. Der Hinrichtungstechniker von heute hält sich in einem Nebenraum auf und beobachtet das Sterben aus der Ferne. Dennoch: Eine Exekution bleibt das, was sie immer war - ein Vorgang, bei dem Menschen einen anderen Menschen töten."
- Ingo Wirth, "Todesstrafen - Eine geschichtliche Spurensuche" -

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Die eingezäunte Welt

Dienstag, 22. September 2009

Du bist ein eingefleischter Pessimist und gewohnheitsmäßiger Nörgler, De Lapuente. Nein, sag' nichts, ich weiß, welchen Spruch Du anzubringen pflegst, wenn man Dir das vorwirft. Du seist kein Pessimist, Du könntest nichts dafür, dass die Welt so schlecht sei. Kenne ich, habe ich oft von Dir gehört. Und ich stimme Dir ja zu, die Welt ist ein Jammertal. Blähbäuche konkurrieren mit Hunger, Folter mit Hinrichtung, Krisenherde mit Kriegsregionen. Die Pest ist eine Säule, die die Erde vom Himmel abstützt, die andere nennt sich Cholera. Daran mache ich keinen Zweifel fest, da gebe ich Dir uneingeschränkt recht, De Lapuente. Was ich Dir anlaste ist, dass Du diesen Kümmernissen des irdischen Daseins nicht lächelnd begegnest, dass Du die Trostlosigkeit dieses Planeten nicht mal zur Seite stellst, um die schönen Dinge unseres Vorhandenseins zu sehen.

Fall' mir nicht ins Wort, De Lapuente! Ich weiß, ich weiß es viel zu gut. Du versuchst es ja, Du probierst es ja immer wieder, die angenehmen Dinge des Lebens sehen zu wollen - allein es gelingt nur selten. Man darf sich einfach nicht zu sehr vereinnahmen lassen. Und weißt Du warum, Herr Pessimist? Weil man eine traurige Welt nicht mit der Beschreibung ihrer selbst erlöst. Erst wenn man sie schönredet, wenn man das Gute hervorhebt, die Schönheiten unterstreicht, verhilft man der Welt zu besseren Tagen. Sie schleppt sich schier zu Tode an ihrem Kreuz. Redet man dieses Kreuz auch noch zu einem spröden, schimmeligen, rissigen Klotz Holz, dann wird es infernalisch, dann ist man geneigt, sich Pulsadern zu öffnen, um der irdischen Verzweiflung zu enteilen. Nein, Du musst das Kreuz zu einem polierten, wohlproportionierten, ausgewogenen Stück Mahagoni erklären - schwer zwar, manchmal erdrückend, aber doch ein Hochgenuss für den Ästheten.

Ich weiß schon, sowas hältst Du für plumpen Optimismus. Wie hast Du es neulich formuliert, De Lapuente? Nein, sag' es nicht, ich komme selbst drauf. Es war ungefähr, nicht wortgetreu, folgendermaßen: Der Pessimismus ist der Optimismus des Armen. Dieser kann sich gute Gedanken nicht leisten, denn die bezahlt er doppelt und dreifach, wenn er erkennen muß, dass er umsonst gehofft und gebetet, wenn ihm bewusst wird, dass sich wieder mal eine Hoffnung zerschlagen hat. Ja, denk' ich mir, dass Du da zustimmend nickst. So eine Tristesse gefällt Dir. Da kann man Dich haben! Und dabei wäre es so einfach. Du solltest anspruchslos an die schönen Seiten des Lebens denken; die ganzen Widrigkeiten, die verbannst Du aus Deinem Denken. Weg mit der schlechten Stimmung, die sich nur auf andere überträgt. Stell' Dir doch nur mal vor, wir wären alle so mies gelaunt. Bist Du gar nicht? Ich sehe das anders! Wenn ich Dir von einer neuen Errungenschaft aus Konsumwelten erzähle, äußerst Du nur Bedenken, wie tief dieser Konsumterror - so verächtlich nennst Du das Shoppen! - bereits in mein Leben gesickert sei. Na gut, vielleicht bist Du nicht mies gelaunt. Aber wenn Du mir meine Freude so verdirbst, wenn Du erklärst, dass an meinem Klamotten-Schnäppchen Kinderarbeit hängt und indische Familie verrecken, weil deren Lohn bei weitem nicht ausreicht, dann habe ich ganz beschissene Laune. Dann atomisierst Du meine ganze Lebensfreude. Wie bitte? Das ist nicht nur frech, das ist beleidigend! Wenn dies meine einzige Lebensfreude sein soll, dann zum Teufel mit mir? Fängst Du schon wieder an, De Lapuente!

Wäre ich kein solcher Sonnenschein, würde mich Dein ewiger Pessimismus lähmen. Aber ich habe gelernt, die Welt so zu sehen, wie sie mir wohltut. Blähbäuche, Hungersnöte, Mord, Totschlag, Folter, Betrug und dergleichen Unwörter mehr, tun mir einfach nicht gut. Ja, ich weiß, De Lapuente, denen die darunter leiden, tut es auch nicht gut. Aber muß denn die ganze Menschheit leiden, nur weil ein Paar Menschen jenseits europäischer Grenzen in Leid schmachten? Auch innerhalb, ich weiß! Aber die leben doch in anderen Stadtvierteln. Da komme ich nie hin, ich habe keinen Bezug zu diesen armen Kreaturen. Reicht es denn nicht, wenn diese Leute leiden? Muß ich denn unbedingt mitleiden? Ist das der Fortschritt der Menschheit? Ich maße mir ja nicht an, diesen Menschen nachzusagen, sie hätten selbst Schuld an ihrer Misere. Aber fragen muß ich mich schon, warum es jene getroffen hat und nicht mich. Irgendwas habe ich also an mir, was mich vor Nöten bewahrt hat. Und ich bin mir sicher, dass ich es meinem unsterblichen Optimismus verdanke, meinem Glauben daran, dass es nie schlechter, dafür aber immer besser kommen kann, wenn man nur blind glaubt und hofft und betet. Dieser Gabe schulde ich alles, daher lebe ich sie ungeniert aus. Täte ich es nicht, würde ich meine Fähigkeiten verraten und zu einem ebensolchen Nörgler und Griesgram wie Du.

Ha, De Lapuente, Du bist wahrlich erbärmlich! Das eben von Dir Gesagte kann man gar nicht wiederholen, ohne an einem Lachanfall ersticken zu müssen. Du meinst also, Du seist im Grunde Optimist, weil Du Dich dieser traurigen Welt annimmst, sie so siehst, wie sie tatsächlich ist? Du glaubst allen Ernstes, dass ein Pessimist nicht derjenige ist, der die Welt betrachtet und getreu wiedergibt, sondern einer, der sich von diesem Trauerspiel abwendet und geistigen Selbstmord begeht? Achso, ja klar, De Lapuente, jetzt bin ich also der Pessimist! Ich bin der Böse! Du bestätigst nur meine vorherige These, wonach Du immer schlechte Stimmung verbreitest. Und ich warne Dich, ich habe seit eben ganz abscheuliche Stimmung. Ist Dir mal wieder blendend gelungen! Weil ich mich abwende, weil ich die Welt nicht annehme und mich mit ihr auseinandersetze, damit dem Schlechten Vorschub leiste, weil ich mich nicht dagegen stemme, bin ich ein Pessimist? Und Du, der die Menschen unfroh, der Hoffnung zu einer Erwartungshaltung für Reiche macht, der dem kleinen Mann die Freude über ein neues Haushaltsgerät nicht läßt, weil Du meinst, Du müsstest etwas über die Herkunft des Gerätes nachschieben, bist also der große Optimist? Ach, der bist Du auch nicht? Du bist also frei von Kategorien, stellst nur die Welt dar, wie sie sich Dir zeigt? Aber tue ich das nicht auch?

Wenn ich nicht hinschaue, dann gibt es das, was ich nicht gesehen habe, für mich auch nicht. Wenn meine Wahrnehmung begrenzt ist, ist auch die Welt begrenzt, in der ich mich bewege. Ja, verdammt, De Lapuente, vielleicht habe ich eben zugegeben, dass ich mir meine Welt selbst einzäune, damit sie mir übersichtlich bleibt. Aber deswegen bin ich dennoch Optimist! Denn in meiner kleinen Welt sortiere ich Schlechtes vom Guten, ich werfe Hoffnungslosigkeit hinaus, damit die Hoffnung nicht gestört wird. Ich bin dort glücklich und letztlich zählt eben nur das Glück. Mein Glück! Wie soll ich den leben ohne mein Glück? Du hast Deine Zäune eingerissen. Deine Welt ist unübersichtlich, Du begreifst, so hast Du es mir selbst einmal erklärt, viele Dinge nicht gänzlich, weil Du keine Begrenzungen kennst. Da lobe ich mir Menschen, die in Schwarz und Weiß unterteilen können, damit sie Überblick wahren, damit sie auch eine konkrete Meinung zu entfalten vermögen. Du hast ja keine Meinung, bei Dir heißt es viel zu oft "einerseits" und "andererseits", "hier" und "dort", "so besehen" und "von der anderen Seite betrachtet". Wenn man aber "entweder" oder "oder" sagen kann, weil der Überblick in enges Sperrgebiet geschlossen wurde, dann kann man in dieser Welt bestehen. Du bist miesmacherisch, weil Du kein Sperrgebiet kennst, weil die Felder, über die Du blickst, endlos sind und am Horizont verschwinden. Wer würde in dieser Endlosigkeit schon froh? Mir kann das nicht passieren, De Lapuente! Ich weiß woran ich bin, ich kenne meine Grenzen. Ich stehe dazu, dass ich begrenzt bin.

Du nicht! Du meckerst und fährst die Stimmung runter. Und ist deswegen die Welt besser geworden? Na? Ist sie besser geworden? Sag' schon! Darauf weißt Du keine Antwort, was? Du findest keine Antwort, die Dir zur Ehre gereichen würde, weil Deine Gemütslage eben nichts verändert hat. Da kann ich genauso gut meinen Mund halten, wenn es eh nichts bringt. Das wäre nur effizient. Doch Du bist grenzenlos, grenzenlos arrogant, weil Du annimmst, Deine Ansichten kümmerten die Welt. Jetzt schweigst Du! Habe ich einen wunden Punkt getroffen? Grabesstille! De Lapuente ist verstummt. Arbeitet es in Dir? Begreifst Du nun, warum man positiv denken muß? Komm', lass Dein Schweigen sein, ich meine es doch nicht böse. Wie bitte? Verstehe das wer will! Du bist pessimistischer denn je? Und warum, wenn ich fragen darf, unverbesserlicher De Lapuente? Wie?

... weil es Menschen wie mich gibt!

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Ein Akt des Volkes

Montag, 21. September 2009

Immer wieder vernimmt man von Personen, die der Kriegsliebhaberei unverdächtig sind, dass Einsätze wie jener in Afghanistan trotz allem sinnvoll seien, weil sie den Menschen dort Demokratie brächten, den Frauen Gleichberechtigung, den Kindern Schulbildung. Zwar seien solche Einsätze ein menschliches Trauerspiel und vom ethischen Gesichtspunkt betrachtet verwerflich, aber wenn die Ziele stimmig sind, dann müsse man pragmatisch beiseitestehen. Anders ausgedrückt: Der Zweck heiligt die Mittel. Und dass westliche Werte als allumfassendes Gedankengut, als Lebensentwurf für jede Gesellschaft der Erde feilgeboten werden, begreifen selbst diese Kriegspragmatiker nicht als westliche Arroganz - nein, sie meinen es doch nur gut mit den Menschen in Afghanistan. Nur dumm für die stationierten Militäreinheiten, dass die Menschen im Mittleren Osten, in Asien, in Afrika und in Südamerika immer häufiger stutzig werden, wenn es mal wieder jemand besonders gut mit ihnen meint.

Aber selbst wenn, selbst wenn es nicht arrogant wäre, westliches Wertgut in Köpfe zu prügeln: Demokratie, eine Gesellschaft, in der Menschen aktiv teilhaben und mitbestimmen können, hat keinen Bestand, wenn sie von Außen eingeimpft wird. Demokratische Strukturen lassen sich nicht aufs Bajonett pflanzen, man kann sie nicht einfach ins halbwilde Gemüt der Besetzten hineinballern, mit Luftangriffen verewigen. Selbst wenn man es in humanerer Verfahrensweise versuchte: man kann Demokratie nicht von Außenstehenden herbeistreicheln. So oder so: es ist sinnlos. Demokratie ist ein Akt des Volkes, wird den Machthabern vom Volk abgerungen. Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit des Gemeinwesens, sie wird erwirkt und erkämpft. Und dies von denen, die in eben jener Demokratie leben wollen. In erster Instanz ist Demokratisierung eine Bewusstseinsbildung, die später vom Volk selbst verarbeitet wird, um das Bewusstsein zum Sein zu wandeln - um Hegel also wieder auf den Kopf zu stellen.

Dies ist keine dahingefaselte Phantasterei ohne Grundlage. Die Alphabetisierungsraten steigen in allen Teilen der Welt an, lediglich einzelne Staaten bleiben davon noch verschont. Die Folge ist ein Geburtenrückgang, der dann entsteht, wenn ein Großteil der jungen Erwachsenen des Schreibens und Lesens mächtig werden; ein Geburtenrückgang, der sich oft schon nach wenigen Jahren bemerkbar macht. Auch die moslemische Welt ringt mit zurückgehenden Geburtenzahlen und viele Demographen sehen darin eine der Hauptwurzeln für diese unruhig gewordene Weltregion, die in vielen Bewegungen zersplittert ist, die die moslemische Tradition bewahren wollen. Traditionalismus als Reaktion - der Westen kannte und kennt solche Bewegungen selbstverständlich auch. Geburtenrückgang ist nur eine Folge von Bildung. Wesentlicher ist es, dass damit Grundlagen der Aufklärung geschaffen werden. Zuerst die sexuelle, dann die politische Aufklärung! Langsam wird den Menschen dort ersichtlich, dass die Herrschaft über sie kein Gottesgebot ist, sondern wie überall auf der Welt, irdische Machtgelüste im Verbund mit sozio-ökonomischen Motiven. Der moslemischen Welt steht Säkularisierung ins Haus. Nicht heute, wahrscheinlich auch nicht morgen - aber sie ist unausweichlich. Und mit ihr prescht auch Demokratie voran. Ein demokratisches Verständnis, welches durchaus Unterschiede zum westlichen Ableger aufweisen wird - aber es wäre auch vermessen, westliche Demokratie, entstanden aus westlicher Geistesgeschichte, damit auch dem Christentum und dem Jüdischen entsprungen, der islamischen Welt auferlegen zu wollen. An den zurückgehenden Geburtenzahlen, die im Vergleich zu Europa und Nordamerika immer noch sehr hoch liegen, erkennt man den langsamen Weg in die moderne Welt dieser sogenannten rückständigen Länder.

Auferlegte Demokratie, sei sie auch noch so liebevoll ans Herz gelegt, ist kein Zukunftsmodell. Es bedarf des Volkes, es bedarf des Bewusstseins der Menschen, zukünftig zum Machtfaktor innerhalb ihrer Landesgrenzen werden zu wollen. Die Demokratie der Bundesrepublik ist über weite Strecken eine auferlegte, eine befriedigte Erwartungshaltung, ein Vernunftakt gegenüber den Besatzern von 1945. Zwar lebt sie noch heute, aber sie wankt, sie hat zu jeder bundesrepublikanischen Zeit gewackelt, wurde immer von Charakteren angegriffen, die sich zwar Demokraten nannten, aber offensichtlich zur Tyrannei neigten. Strauß war das Synonym der zurückkehrenden Diktatur, heute stellen sich junge Leute vor Kameras und sinnieren in demokratischen Roben gehüllt, inwiefern das Wahlrecht für Rentner und Arbeitslose sinnvoll sei. Solche Gestalten hangeln sich an einem roten Faden durch die deutsche Nachkriegsgeschichte. Die Demokratie ist hierzulande im akuten Notstand, war immer mal wieder im Notstand. Sie wird und wurde von Einzelnen bedroht, wird und wurde angegriffen, immer wieder in ihren Grundfesten erschüttert. Demokratische Freiheiten werden mehr denn je gestutzt, demokratische Verpflichtungen verstärkt - aus Geben und Nehmen wird eine große Orgie des Nehmens. Freilich gab es die Weimarer Demokratie, die ihrerseits auch schon von großen Teilen des Volkes abgelehnt wurde. Und sie verschwand dann auch kampflos von der Bildfläche, weil wehrhafte Demokratie eines Volkes bedarf, das demokratische Strukturen leidenschaftlich stützt. Die meisten Deutschen suchten nach dem Ersten Weltkrieg immer noch nach Ersatzkaisern. Und auch nach Hitler war die Demokratie vielfach noch vom Untertanengeist genährt - ein Relikt aus Kaisers Zeiten, bei den Jüngeren ein Überbleibsel aus braunen Rotten. Die neue Demokratie von 1949 war ein Produkt demokratischer Alliierter, ein Erzeugnis mit Bestand zwar, aber nicht ohne Rückblick auf das Unglück. Ohne Hitler, ohne dem Dritten Reich, hätte die Demokratie der Bundesrepublik keinen Bestand gehabt - Hitler war der Riemen, an den sich Anti-Demokraten nach 1945 reißen mussten, wenn sie wieder mal vom Abbau von Bürgerrechten und dergleichen träumten. Mit Italien verhält es sich ganz ähnlich. Das heutige Italien ist vieles, ob es Demokratie ist, darf bezweifelt werden - ob es seit 1945 je wirklich eine Demokratie war, selbst wenn man berücksichtigt, dass es dort regelmäßige Regierungswechsel gab, scheint auch kaum gesichert. Namen wie Andreotti und Berlusconi stehen nicht gerade für demokratische Gesinnung - der eine konnte sieben Amtszeiten auf sich vereinen, der andere gebietet gerade über seine vierte.

Den Deutschen war nach dem Kriege demokratisches Gedankengut bewusst, zumindest vielen von ihnen. Deshalb lebt sie noch, manchmal mehr schlecht als recht, aber immerhin, sie atmet wenigstens noch. Zuvielen ist 1945 bzw. 1949 die Demokratie fremd geblieben. Zu gut ließ es sich unter Kaiser und Führer leben, zu fest war der Untertan im Denken verankert. Demokratie war in deren Augen die Dekadenz der westlichen Feindländer - Hitler hat diese Ansicht oft geäußert und lag damit auf einer Wellenlänge mit vielen Bürgern seines Reiches. Nach dem Krieg blieb die Skepsis, sie blieb in weiten Teilen der Bevölkerung bis heute. Aufmucken konnte man seinerzeit aber nicht mehr. Alles was undemokratisch roch, stank zugleich nach Nationalsozialismus. Heute weichen diese Sichtweisen mehr und mehr auf. So kann man beispielsweise ganz demokratisch in die Lautsprecher der Republik fragen, ob es denn nicht die falschen Familien seien, die Kinder bekämen, nur um sich selbst als Antwort zu geben, dass es so sei und man daher überlegen müsse, wie man dem Einhalt gebieten könne. Die Demokratie ist immer dann, wenn so scheinheilig gefragt wird, in Gefahr. Vorallem auch, weil sich gegen solche Stimmen kaum Gegenwehr formiert. Man nickt beifällig, nennt einen solchen Demokraten einen Denker und erklärt heuchlerisch, dass der Denker vielleicht ein wenig zu weit ging, dass er es hätte anders formulieren müssen.

Wenn die Demokratie nicht das Resultat des Volkes ist, sondern eine auferlegte Struktur, dann ist sie brüchig. Sie mag zwar überleben, so wie hierzulande, aber sie bleibt blanke Struktur. Demokratisches Denken bleibt aus, wird nicht umgesetzt, findet keinen Weg in die Köpfe. Sie findet nur einen mühevollen Weg an die Urne. Es bleibt eine rituelle Demokratie zurück, in der vier- oder fünfjährig genervt zur Wahl gelaufen wird, während dazwischen politischer Leerlauf herrscht, in dem das Volk sich zurückzieht, um sich für den nächsten rituellen Akt, der womöglich erst in Jahren stattfindet, zu rüsten. Wenn aber in Ländern wie Afghanistan mit Gewalt für demokratische Strukturen geschossen wird, bleibt nicht mal eine rituelle Demokratie zurück. Maschinengewehre ersetzen kein siècle des lumières, sie schaffen kein Bewusstsein. Demokratisierung ist ein Akt, der aus dem Volk heraussprudeln muß, ohne Einflussnahme von Außen. Bestenfalls könnte der Westen den Menschen aus solchen Ländern als Beispiel dienen. Aber von dieser Rolle verabschieden sich die reichen Industrieländer des Westens immer mehr. Das Bild, das die Demokratie immer häufiger abgibt, ist ein Bild des Konsumliberalismus - mit so einem Trauerspiel, in dem Menschen kaum mehr mitentscheiden können, während Unternehmen die Politik schaukeln, kann man niemanden die Demokratie schmackhaft machen.

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Das kochende Wasser

Sonntag, 20. September 2009

Nun lag er selbst auf der Pritsche. Kurz zuvor hatte er noch beobachten dürfen, wie der Patient, der in der endlosen Warteschlange vor ihm lümmelte, an eben jener Stelle lag, an der nun er seinen Körper ruhen ließ. Weil das Behandlungszimmer weder über Tür noch Vorhang verfügte, ward es möglich, dass er Zeuge eines unglaublichen Aktes medizinischer Heilkunst wurde. Der Heiler tastete den Bauch des Patienten ab, drang mit den bloßen Fingern ins Fleisch, Blut troff, ein Assistent wischte die herablaufende Flut weg, der Heiler zog ein undefinierbares Etwas aus der Bauchhöhle, vermutlich einen Tumor, warf ihn in ein Nierenschälchen, legte dann die Hände behutsam über die Wunde, zog sie langsam tastend von der Bauchgegend ab und zurück blieb nichts, keine Narbe, keine Wunde, nicht mal Schorf. Menschen, die keine Hoffnung mehr auf die Schulmedizin setzen konnten, weil diese mit ihrem Latein oder Griechisch am Ende war, fanden sich in diesen bescheidenen Räumlichkeiten des Wunderheilers ein. Wieviele solcher Hoffnungsloser es gab und wohl zu allen Zeiten geben wird, konnte man den Menschenmassen abmessen, die sich bis ins Freie ergossen.

Der Mondmann - David LettermanEr lag dort, erwartete dasselbe Wunder nun an seinem geschundenen, ausgemergelten Körper, der zwar noch nicht vom Krebs zerfressen, aber doch schon angeknabbert war. Er, das war Andy Kaufman, US-amerikanischer Performance-Künstler, der zeit seines künstlerischen Lebens seinem Publikum eine lange Nase zeigte. Mal stand er starr und wortlos auf der Bühne, ließ provokant einen Plattenspieler laufen, mal las er stundenlang aus Fitzgeralds »Gatsby«. Er verblüffte durch Showeinlagen, die oft gar nicht als solche zu erkennen waren. So trat er bei David Letterman auf, ließ eine verbale Beleidigungsorgie auf einen anderen Gast herniederprasseln, so dass es beinahe zur Prügelei ausartete und kaum ein Zuseher ahnte, dass es sich um eine Inszenierung handelte. Kaufman hatte Freude daran, im ganzen Land als Arschloch zu gelten. Dies gelang ihm vortrefflich, als er anfing gegen die Emanzipationsbestrebungen der Frauen zu wettern, sie als gelungene Zofen und Bedienstete der Männer hinzustellen. Damit dem aufkeimenden Hass der Frauen auch ein Ventil geboten werden konnte, durften sie mit ihm ringen, sich an ihm abreagieren. Dabei war er aber gar kein Feind der Frauenbewegung, sie dürfte ihm relativ gleichgültig gewesen sein. Er hatte lediglich Freude an der Provokation, wollte polarisieren, hat damit nebenbei bewiesen, wie wenig abgeklärt emanzipierte Frauen seinerzeit waren, weil sie sich überhaupt mit so einem paternalistischen Flegel abgaben. Und dann war da noch Tony Clifton, eine gespielte Figur Kaufmans, ein untalentierter Entertainer, der vorallem dadurch glänzte, sein Publikum zu beleidigen. Dieses brauchte eine ganze Weile, um dahinter zu kommen, dass Clifton Kaufman war. Jahre später würde Miloš Forman diesem zerrissenen, zynischen, seltsamen Charakter US-amerikanischer TV-Geschichte einen Film widmen, in dem Jim Carrey die Rolle seines Lebens spielen würde. Kaufman hatte sein Publikum immer wieder genarrt, er ließ eine alte Frau auf der Bühne Steckenpferd zur Marschmusik reiten, übernahm den Taktstock des Dirigenten, ließ die Musik immer schneller, schneller, noch schneller werden, ermunterte die rüstige Seniorin, im Takt zu reiten, bis diese sich ans Herz faßte und umfiel – die Carneggie Hall, dort wo das Spektakel stattfand, war sprachlos. Ein herbeieilender Arzt stellte den Tod fest, bis Kaufman als Medizinmann die Bühne betrat, einen Tanz um den toten Körper aufführte, natürlich entgeisterte Blicke erntete, während die Dame zurückkehrte zu den Lebenden. Das war der Humor Kaufmans, sein Humor war, wenn er lachen konnte, wenn er sein Publikum zur Sprachlosigkeit verurteilte, wenn er sie dem Entsetzen ausliefern durfte. Als er selbst starb, jung und krebszerfressen, da glaubten es viele seiner Anhänger nicht. Bis heute nehmen einige standhafte Freunde seiner Komik an, er lebe noch, trete nur noch ab und an als Tony Clifton auf, sei aber selbstverständlich noch unter uns.

Noch lebte Kaufman aber, zwar nur mehr schlecht als recht, aber noch am Leben festgeklammert, als sich der Wunderheiler auf Augenhöhe dieses nächsten Patienten seine Hände wusch, sich abtrocknete und zur kaufmanschen Bauchhöhle schritt. Da, nur für einen kurzen Moment, erblickte Kaufman etwas, was in der Handfläche des Heilers ruhte, unmerklich dort auf seinen Einsatz wartete. Was er dort verborgen hielt, war das undefinierbare Etwas, aus dem Kunstblut quoll, das kurz danach als Tumor, Zyste oder Entzündungsherd zum Vorschein gebracht werden sollte. Kaufman, so zeigt es uns wenigstens Regisseur Forman in seinem Film, protestiert nicht, zeigt sich nicht entrüstet. Er lacht, erst leise und sacht, dann sich in Gelächter hineinsteigernd; er lacht, wäre er nicht so schwach gewesen, würde ihn der Krebs nicht so sehr gezeichnet haben, er würde sich geschüttelt haben vor Lachen. Seine letzte Hoffnung auf Heilung: dahin! Der Wunderheiler ist ein Betrüger. Jedoch Kaufman lacht.

Der MondmannWarum lacht er? Kaufman ist einem Kollegen aufgesessen. Zeit seiner Schaffensperiode hatte er sein Publikum gefoppt, hatte Illusionen verbreitet, ihnen Dinge so dargestellt, wie sie ja gerade nicht waren. Und nun liegt er auf der Pritsche eines Mannes, der ebenso foppt, Illusionen nährt, Dinge darstellt, wie sie nicht sind. Liegt er im Behandlungszimmer eines Betrügers? Das auch, aber was Kaufman klar wird: Er liegt hier entblößt vor einem Berufskollegen, vor einer Art Performance-Künstler, der nicht auf der großen Showbühne steht, sondern in einer Arztpraxis seine Stücke aufführt. Er hat unversehens erkannt, dass sich Menschen seines Schlages verschiedene Showbühnen aussuchen, dass er mit seiner leidenschaftlichen Gabe des Foppens und Nasführens, ebenso als Wunderheiler hätte enden können. Und noch etwas wird deutlich, etwas Bedeutendes: Da kommt der Performance-Künstler, diese nichtige Gestalt der Weltgeschichte, die nichts kann außer Betrügereien ihr Geschäft zu nennen, halbnackt und hoffnungsvoll zu einem Heiler, dieser großen, pompösen Erscheinung, die Wichtigkeit durch Gabe erhielt, nur um am Ende zu erfahren, dass Heiligkeit ebenso mit Wasser kocht. Der medizinische Betrüger ist demnach genauso nichtig, wie sein künsterlischer Kollege - oder aber, der Performance-Künstler ist genauso heilig, wie sein Heiler. Alle kochen mit Wasser, nichts ist so überhöht, als dass wir es nicht alle erfassen könnten: dies lehrt uns jene Filmszene mit der üblichen erzählerischen Leichtigkeit, in denen Formans Filme gehalten sind.

Kaufman gleicht einem Kinde, das hinaufblickt in die Erwachsenenwelt, dort eine schrecklich komplizierte, beinahe sakrale Welt vermutend, sich ängstlich sorgend, wie man sich wohl dort je zurechtfinden möge. Alles wirkt von dort unten so tiefgründig, so diffizil, so schwer überschaubar. Wie soll man nur je in einer solchen Welt Fuß fassen? Erwachsene leben wie selbstverständlich in diesem Kosmos, scheinen alle Winkel und Ecken zu kennen, wirken abgeklärt in allen Fragen, die ihren Alltag streifen. Sie sehen sich selbst, dieses vielleicht kränkliche Kind, dieser schwächliche Jugendliche - und dann sehen Kind und Jugendlicher hinüber, dort wo Erwachsene zusammenstehen und zusammenwirken: kann ich je dort aufgenommen werden, in diesen Zirkel geheimbündlerischer Erwachsenenart? Langsam tastet man sich heran, mit den Jahren sucht man sich seinen Platz als Erwachsener. Manche suchen Jahre, Jahrzehnte, andere finden sich schneller zurecht und erkennen: Es wird ja mit Wasser gekocht! Auch hier, auch in der Welt der Erwachsenen. Gerade in der Welt der Erwachsenen! Dort steht die Wiege dieser Praxis des Kochwassers. Eines Tages fühlt sich das nun erwachsen gewordene Kind, gleich eines Andy Kaufman, auf einer Pritsche liegend, auf einen großen mythischen Akt wartend, nur um zu erkennen, dass nichts so kompliziert und heilig ist, als dass es nicht mit der eigenen Nichtigkeit, mit den eigenen Mängeln, mit den eigenen Diskrepanzen zwischen Soll und Sein zu vereinbaren wäre.

Man liegt verkrampft auf der Pritsche, erinnert sich daran, wie man das eigene Leben mit Notlügen und scheinbaren Kompetenzen und Qualitäten aufpoliert hat, damit man nicht als Pfuscher, als Nichtskönner auffällt, schämt sich seiner Mängel im Stillen, weiß von sich, dass man Makel aufweist, die einen nie Selbstvertrauen erlauben würden. Man begegnet täglich Könnern, die scheinbar mit Leichtigkeit ihrem Treiben nachgehen, die keine Schwächen kennen, die perfekt und ohne menschliche Unzulänglichkeiten behaftet funktionieren. Könner, an denen nicht gezweifelt werden kann – bis man hinter deren Fassade blickt. Dort schlummern ebensolche Stümper, gehemmte Angsthasen, die sich den Akt des Könnens nur erfunden, daraus einen rituellen Akt gemacht haben, um ihre Schwäche zu tarnen, sie vor den anderen, die man allesamt für besser, schneller, klüger hält, zu verstecken. Man drapiert den eigenen Mangel hinter klugen Reden, hinter ablenkenden Handgriffen, hinter gespielten Expertentum. Dies ist das Tuch, das über das dampfenden Wasser gelegt wurde; über jenes Wasser, mit dem jeder kocht, von dem aber keiner weiß, keiner auch nur erahnt, dass es jedermanns Lebensgrundlage ist. Je schwächer man sich fühlt, desto großmännischer der Akt des Verbergenwollens, desto ausführlicher das ritualisierte Expertentum.

Andy Kaufman - Jim Carry

Wir beginnen zu lachen. So wie Kaufman die Verkrampfung vom Gesicht wich, der Entspannung Raum gebend, so ergeht es uns, die wir erkannt haben, dass das Kochwasser die Konstante dieser Welt ist. Das eigene Stümpern, die Fehlerhaftigkeit, die man an sich entdeckt hat im Laufe seines Lebens, es fällt von uns herab. Nicht nur wir sind Blender, auch der andere, der so selbstsicher auftritt, ist ein Illusionist. Wir sind alle genauso gut oder schlecht, genauso verunsichert, genauso dumm in unserer Geltungssucht und Geltungsangst. Wir sind alles Kollegen, die ihre Berufung im Versteckthalten von selbsteingeredeten Schwächen haben; Schwächen, die man uns beigebracht, die man uns eingeredet hat. Hätte man uns gelehrt, das Menschsein vorallem eine Ansammlung von Schwächen ist, dass Schwäche zum Leben gehört, dann wäre der Minderwertigkeitskomplex keine Dominante unserer Gesellschaft. Menschen fühlten sich nicht unzulänglich, zögen sich nicht mehr zurück, weil sie meinten, ihre missliche Lage, Arbeitslosigkeit oder Krankheit, sei ihre persönliche Schwäche und Schuld. Kaufmans Lachen, in jenem Zimmer des Betrügers, sollte uns dabei lernen helfen, im anderen den gleichen Pfuscher zu erkennen, für den wir uns selbst halten. An jenem Tage war er ein Demokrit, ein lachender Philosoph. Dieser Erkenntnis müssen wir lachend begegnen, denn sie lehrt uns, dass Wasserdampf nicht ausschließlich von James Watt nutzbar gemacht wurde, sondern ein Wesensbestandteil jener Spezies ist, die laut Sartre, alles sein kann, was sie selbst will und somit auch Blender sein kann, wenn es ihr beliebt. Wir sind allesamt blendende Kollegen. Wenn das kein Grund zum Lachen ist!

Diese Zeilen erschienen bereits am 27. August 2009 bei Zeitgeistlos.

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Ridendo dicere verum

Freitag, 18. September 2009

"Wir saßen einst im Zuchthaus und in Ketten,
wir opferten, um die Partei zu retten,
Geld, Freiheit, Stellung und Bequemlichkeit.
Wir waren die Gefahr der Eisenwerke,
wir hatten Glut im Herzen – unsre Stärke
war unsre Sehnsucht, rein und erdenweit.
Uns haßten Kaiser, Landrat und die Richter:
Idee wird Macht – das fühlte das Gelichter…
Long long ago –
Das ist nun heute alles nicht mehr so.

Wir sehn blasiert auf den Ideennebel.
Wir husten auf den alten, starken Bebel.
Wir schmunzeln, wenn die Jugend revoltiert.
Und während man in hundert Konventikeln
mit Lohnsatz uns bekämpft und Leitartikeln,
sind wir realpolitisch orientiert.
Ein Klassenkampf ist gut für Bolschewisten.
Einst pfiffen wir auf die Ministerlisten…
Long long ago –
Das ist nun heute alles nicht mehr so.

Uns imponieren schrecklich die enormen
Zigarrn und Autos und die Umgangsformen –
Man ist ja schließlich doch kein Bolschewist.
Die Rechte grinst, und alle Englein lachen.
Wir sehen nicht, was sie da mit uns machen,
nicht die Gefahren all…
Skatbrüder sind wir, die den Marx gelesen.
Wir sind noch nie so weit entfernt gewesen,
von jener Bahn, die uns geführt Lassall’!"
- Text: Kurt Tucholsky, Musik: Hanns Eisler, "Sozialdemokratischer Parteitag 1921" -

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An den, der sich mir anbiedert

Donnerstag, 17. September 2009

Sehr geehrter Herr Steinmeier,

Sie haben mich gestern angeschrieben. Eine ganze Seite nur für mich. Wie kommen Sie denn eigentlich dazu? Kennen wir uns? Ich kann Ihnen das Briefeschreiben nicht verbieten, ich kann ihnen nicht vorschreiben, mir Post in den Briefkasten werfen zu lassen. Was ich mir aber verbitte, ist dieser heimelige Ton, dieses widerliche Anbiedern an meine Person und an mein Kreuzchen. Dadurch fühle ich mich belästigt und genötigt. Freundlichkeit ist rar, deswegen hätte ich nichts dagegen, wenn Sie in Ihrem Brief freundlich wären. Aber Scheißfreundlichkeit, wie man hier in Bayern sagt, dieses aufgesetzte und gekünstelte Lächeln und Nett-sein-wollen, ist mittlerweile zum Standard der Gesellschaft geworden und schon aus diesem Grunde verachtenswert. Sie wirken, verzeihen Sie mir diese Direktheit, wie ein billiger Krämer, der mir fauliges Obst andrehen will und sich nicht mal die Mühe macht, die Schimmelflecken aus meinem Blickfeld verschwinden zu lassen.

Sie haben mich also angeschrieben und ich sehe mich genötigt, Ihnen zu antworten. Armer Mitarbeiter seines Herrn, der sich allerlei Blödsinnigkeiten vom Wahlvolk antun muß, der sortieren muß zwischen Briefen, die in den Abfall wandern und solchen, die auf dem Müll landen. Was bilden sich die Menschen, die Sie mit Briefen überfallen haben, auch ein? Antworten zuweilen, stellen Fragen, wollen nachhaken, ihren Senf dazugeben. Doch so haben Sie nicht gewettet! Sie wollten nur anschreiben und dann das große Schweigen ernten. In den meisten Fällen gelingt Ihnen dies natürlich auch, aber nicht in dem Maße, sich den Ghostreader, wahrscheinlich bezahlt aus dem Säckel der Parteikasse, einsparen zu können. Schon alleine deshalb will ich Ihnen antworten, damit derjenige, der in Ihrem Namen jene Post liest, die eigentlich Sie lesen sollten, beschäftigt ist, eine Arbeit hat. Und Sie sind doch der Kämpfer gegen Arbeitslosigkeit, las ich in Ihrem Machwerk.

Die Arbeitslosigkeit bekämpfen. Das war eine dieser gefetteten Passagen. Sie fanden es wahrscheinlich sinnvoll, wichtige Textstellen zu markieren, damit auch der letzte Idiot kapiert, was für ein nobler Charakter Sie sind. Ich würde mich jedenfalls nicht als Idioten bezeichnen. Wer stuft sich schon selbst als Idiot ein? Obwohl ich selbstüberzeugt genug bin, der Idiotie nicht anheimgefallen zu sein, verstehe ich Ihre Botschaft nicht, erscheinen mir die Fettungen wirr. Diese ganze Fetterei umsonst: unnötig verbrauchte Druckertinte. Wissen Sie, ich glaube, ich verstehe es nicht, eben weil ich kein Idiot bin. Ich weiß zuviel, ich kenne Ihre Vorgeschichte. Und in der steht eben nicht, dass Sie ein glorreicher Kämpfer für das Soziale sind, in der kommt vorallem Schröder vor, seine vielzitierte und unheilbringende Agenda. Sie waren der Mann hinter den Regelsätzen, das heißt, Sie waren der Mann, der auf den Regelsätzen saß, sie mit aller Kraft runterdrückte, uralte Berechnungszahlen nutzte, auch noch Abschläge tätigte und nachher wie das soziale Gewissen durch die Lande hüpfte. Arbeitslosigkeit bekämpfen! Sie haben die Arbeitslosen bekämpft, guter Mann! Von Arbeitslosigkeit als Feind war nie die Rede. Der Feind war der Mensch, nicht der entfesselte Markt.

Deshalb verstehe ich nicht, was Sie eigentlich von mir wollen. Wollten Sie sich Ihr Gewissen von der Seele schreiben? Wollten Sie mit Ihren Zeilen darlegen, dass Sie nun endlich zur Vernunft gelangt sind? Ich glaube es Ihnen nicht, denn Sie gebärden sich so, als seien Sie immer ein astreiner Menschenfreund gewesen. Sie behaupten ja auch lammfromm, dass die Wirtschaft für den Menschen da sei. Und das aus Ihrem Mund! Aus der Feder Ihres Reden- und Briefschreibers! Das hörte sich vor noch gar nicht so langer Zeit ganz anders an. Freilich ein Marktjünger voller Inbrunst waren Sie vielleicht nie, aber widersprochen haben Sie den Irrlehren der Nimmersatten auch nicht. Im Gegenteil, Sie haben an jener Armenverwaltung mitgearbeitet, haben ja auch im Namen derjenigen, die den Sozialstaat aus Gründen der Raffgier zerschlagen sehen wollten, an der Zersetzung desselbigen mitgearbeitet. Haben Sie das eingesehen? Wohl nicht, denn Sie geißeln Ihre Mitarbeit nicht, Sie zeigen keine Reue - nein, stattdessen loben Sie sich selbst, verkünden als soziales Gewissen des Landes, dass Hartz IV den Sozialstaat stabilisiert und gerettet hat. Daher verstehe ich nicht, was Sie von mir wollen, Herr Steinmeier. Sie biedern sich an und ich weiß nicht, was Sie jetzt von mir erwarten. Den Kopf tätscheln kann ich Ihnen jedenfalls nicht, denn so lobenswert, wie Sie sich geben, waren Sie nicht.

Dann sinnieren Sie von Arbeitnehmerrechten, Mitbestimmung, Kündigungsschutz und Mindestlöhnen. Als Sie in Ihrem stillen Kämmerlein brüteten, um die Regelsätze festzulegen, schwer darüber nachdenkend, wo noch Einsparpotenzial vergraben liegen könnte, da haben Sie wohl kaum gesehen, was diese sogenannte Reform bewirken würde. Wie denn auch? In Ihren Kreisen wird nie weit in die Zukunft geblickt. Es sei denn, man zieht Demographieprognosen für das Jahr 2050 heran. Dann ist der Weitblick Programm, muß er ja sein, damit man auch die staatliche Rente totreformieren kann. Allianz und Konsorten werden langsam ungeduldig. Aber zurück zu dem, was ich eigentlich zum Ausdruck bringen wollte. Jene Reform, an der Sie arbeitsam mitgewerkelt haben, hat Arbeitnehmerrechte de jure ausgeschaltet. In den Unternehmen traut sich kaum mehr ein Arbeitnehmer das Maul aufzumachen. Man schluckt jede Widerlichkeit des Brotgebers, man duldet Bespitzelung und unbezahlte Mehrarbeit, man kämpft sich mit niedrigen und gekürzten Löhnen durchs Leben, schleppt sich krank an den Arbeitsplatz, weint sich abends in den Schlaf, weil der Arbeitgeber mit Schikane seiner Fürsorgepflicht nachgeht. Gegenwehr ist ein Relikt vergangener Tage. Heute haben die Leute Angst um ihren Arbeitsplatz. Das hatten sie natürlich auch vorher schon. Aber seit Hartz IV in der deutschen Öffentlichkeit zu einer Abladestelle entrechteter und damit zweitklassiger Menschen gemacht wurde, einer Müllhalde für Faulpelze und Nichtskönner, will niemand das Risiko in Kauf nehmen, durch unliebsames Vorgehen gegen seinen Arbeitgeber auf eben jenem Müllhaufen zu landen. Diese Rettung des Sozialstaates, wie Sie Hartz IV bezeichnen, ist ein Druckmittel, das man an Arbeitnehmern hemmungslos ausleben darf. Was genau wollten Sie mir also mitteilen bezüglich Arbeitnehmerrechten?

Ich bin kein Idiot, der gefettete Passagen benötigen würde. Dennoch begreife ich nicht, warum Sie sich in so anbiedernder Weise an mich wenden. Sicher, meine Stimme wollen Sie. Die kriegen Sie sowieso nicht. Sie haben sicherlich das Format um Kanzler zu werden. Nach Merkel ist es in diesem Lande nämlich möglich, auch als formatloses Mauerblümchen in Amt und Würden gehievt zu werden. Aber deswegen wähle ich Sie dennoch nicht. Schon deswegen nicht, weil ich Sie nicht verstehe. Und ich verstehe Sie nicht, weil ich eben kein Idiot bin. Jeder, der nur den Hauch von Zuneigung an ihrer Person verspürt, nachdem er Ihren Brief gelesen hat, der war sicherlich ob der Fettstellen froh, der dürfte idiotisch genug sein, Sie auch wirklich ernstzunehmen. Aber wer Ihr Vorleben kennt, wer weiß, dass die Schröder-Junta immer noch ihr menschenverachtendes Spiel innerhalb der SPD spielt, kann Sie doch nur verspotten. Ja, richtig: Verspotten! Seien Sie nicht eingeschnappt. Sie haben doch zuerst versucht mich zu verarschen! Wer hat mich denn mit einem Brief belästigt? Wer hat sich in diesem belästigendem Brief angebiedert? Wer hat über Dinge räsoniert, von denen er offenbar wenig Ahnung hat? Wer wollte mich, Wähler und Stimmvieh, denn für blöd verkaufen? Und nun bekommen Sie eine Antwort, die zugegeben nicht besonders diplomatisch, nicht freundlich, nicht ganz so sachlich ist, wie man es an den Tischen der Macht gewohnt ist, und Sie fühlen sich veralbert?

Sollte das der Fall sein, sollten Sie sich veralbert fühlen, so stimmt es mich froh. Sie sind in etwa so ernstzunehmen wie Frau Merkel, Herr Westerwelle und die vielköpfige Hydra der Grünen ernstzunehmen sind. Auf jeden Fall sollten Sie Ihrem Briefeleser eine Gehaltserhöhung zusprechen. Wer Briefe dieser Art ertragen muß, der soll auch bezahlt sein. Was? Ich liege schon im Müll? Dann war es also erneut vergebliche Liebesmüh'!

Es grüßt,
Roberto J. De Lapuente

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Redet doch kein Blech!

Mittwoch, 16. September 2009

Nun ist die Anerkennung einer zivilcouragierten Tat, gerade wenn sie mit eigenen Opfern und Entbehrungen bezahlt wurde, wenn man dafür gar sterben mußte, kein unvernünftiger Frevel oder Ausdruck wichtigtuerischer Maßnahme. Schreitet eine Privatperson ein, um Schwächere zu schützen, bedarf es geradezu der gesellschaftlichen Anerkennung. Ob das in Form eines Ordens sein muß, erscheint allerdings fraglich. Und ob ein getöteter Zivilcouragierter viel von dieser blechernen Ehre hätte, können nur jene beantworten, die nach ihren Eintritt in den Hades doch nochmal entwischen konnten. Aber irgendwie will man natürlich außergewöhnlichen Einsatz honorieren, irgendwie muß die Gesellschaft kenntlich machen, dass sie eines ihrer Mitglieder ehrt - und das auch posthum, wenn nötig.

Der Aufruf, man möge dem getöteten Hilfsbereiten aus München nun das Bundesverdienstblech doch bitte posthum anheften, wäre in friedvolleren Tagen als symbolischer Akt anzuerkennen. Man müßte damit nicht einverstanden sein, der Blechhysterie nicht untertänig werden, aber man könnte es getrost ad acta legen, um sich anderen Themen zu widmen. In Zeiten von Eisen und Blut, in Augenblicken, in denen der Krieg tost allerdings, da ist die Ordensgesinnung ein Politikum. Gerade dann, wenn eine große deutsche Tageszeitung, deren Namen aus Gründen guten Geschmacks verschwiegen werden soll, zum Anwalt der Forderung wird; eine Tageszeitung, die wie keine andere Kriegsgelüste anheizt und brutalste Kriegstaktiken reinwäscht, Soldatenehren konstruiert und Heldenepen stilisiert. Gerade dann, wenn solche Hetzer der Heimatfront Orden fordern, sollte man stutzig werden.

Was sich hier scheinbar harmlos und in einer Art Solidarisierung mit dem toten Mutigen abzeichnet, dient eher der Instrumentalisierung. Der Orden wird in Szene gesetzt, er wird zum universellen und vielseitigen Monument hervorragender Leistung. Man impft ihn der Masse ein, man verabreicht der Gesellschaft blecherne Ehrenurkunden, macht die öffentliche Vergabe von Dekorationen zum Ritual für alle Fälle. Wenn dem Anstecken von Auszeichnungen nichts Anrüchiges mehr anhaftet, weil das ganze Land an der Auszeichnung eines Mutigen teilhatte, dann wird auch die Verleihung von Kriegsauszeichnungen im Schonwaschgang gesäubert, dann werden Blutflecken unmerklich und porentief rein entfernt. Schließlich ist die Ordensverleihung dann als Ausdruck ehrenvollen Handels anerkannt. Der Mutige aus München als moralischer Botschafter! All die kleinen und großen Couragierten als Botschafter moralischer Blechjüngerschaft. Das Blech der Krieger läßt sich mit dem Blech der Mutigen spielend von äußerer Kritik der Kriegsgegner behüten.

In den Reihen derer, die durchaus Auszeichnungen verdienen würden, wenn man denn Wert legen würde auf lackiertes Nirosta, tummeln sich dann solche, die für ihre Mordsdienste geehrt wurden. Rettungsschwimmer neben Bombenlegern, Helden des Alltags neben Helden der Front, Sozialarbeiter neben Mörderbrigaden - alle vereint, alle für das Wohl der Gesellschaft, alle als Ausdruck einer Gesellschaft, die nur das Beste will für sich selbst. Die Angehörigen, die das Verdienstkreuz entgegennehmen würden, sollten sich mehrmals überlegen, ob blecherne Auszeichnungen in diesen Tagen ehrenvoll sind. Sie sollten sich fragen, ob es nicht einer Beleidigung für den Einsatz ihres Vaters, Mannes, Sohnes, Bruders gleichkommt, aus den Händen jener Herrschaftskaste Ehrungen zu erhalten, die auch blutbesudelten Kriegern die Hände schüttelt. In Zeiten, in denen der heilige Mord im Namen der Nation mit Dekorationen belohnt wird, ist eine Belohnung aus demselben Blech, mit denselben Abzeichen und nationalen Symbolen bedruckt, aus denselben Händen vergeben, eine Schmähung und eine Herabminderung des eigenen Einsatzes. Wenn der Henkersdienst in Uniform behangen wird, ist das Behängen der Zivilcourage ein Affront. Dann behängt man die Zivilcourage nicht - dann hängt man sie.

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Nomen non est omen

Heute: "Bildungsangebot"
"Unter anderem will die Union nach einem Wahlsieg ein durchschnittliches Wachstum von drei Prozent erreichen und die Bildungsangebote im Land massiv ausbauen."
- Meldung aus dem Handelsblatt zur Saarland-CDU vom 19. Juni 2009 -

"Taunusstein – die Stadt der guten Bildungsangebote!"
- Meldung des SPD-Ortsvereins Taunusstein -
Der Begriff "Bildungsangebot" offenbart die Korruption unserer Sprache durch eine marktwirtschaftliche Weltanschauung. Alles Menschliche und Dingliche wird zu einer Ware gemacht, zu einem Angebot, dass auf eine vermeintliche Nachfrage trifft. Selbstbestimmte Individuen, ein Denken, Handeln und Entscheiden abseits eines marktwirtschaftlichen Kosten-Nutzen Kalküls wird sprachlich-ideologisch unterbunden bzw. unterdrückt. Alles ist ökonomisch und alles ist eine Ware lautet die Devise. Auch die Bildung bzw. der geistige Horizont eines Menschen ist tausch- und verwertbar.

Unter "Bildungsangebote" zählen heute alle möglichen Formen der schulischen oder betrieblichen (Weiter-)Bildung: Volkshochschulkurse, Fern-Universitäten, Privatschulen, Weiterbildungskurse usw. Der Begriff ist im allgemeinen deutschen Sprachschatz mittlerweile fest verankert und wird nicht in Frage gestellt. Dabei unterstreicht die bedenkenlose Anwendung des Terminus, dass marktwirtschaftliches Kosten-Nutzen-Denken bereits fest in unseren Köpfen verankert ist und Menschen nur noch als Kunden gesehen werden, die Bildung konsumieren sollen. Als entscheidende Kriterien der Bildung werden Vermarktbarkeit und Arbeitsmarktkompatibilität festgesetzt.

Bildung sollte weder eine Ware noch ein Angebot sein, sondern ein individueller Reifungsprozess, der es uns ermöglicht, unseren Horizont zu erweitern, die Welt kritischer und reflexiver wahrzunehmen sowie letztendlich ein besseres gesellschaftliches Zusammenleben zu ermöglichen – fernab marktwirtschaftlicher Verwurstung! Nicht zuletzt ist Bildung ein demokratisches Grundrecht, dass jedoch in Zeiten von Studiengebühren zu einem Luxusgut gemacht wird.

Dies ist ein Gastbeitrag von Markus Vollack aka Epikur.

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Nimmer sachlich bleiben

Dienstag, 15. September 2009

In der letzten Zeit wurde hier mehrfach über moralische Imperative und sachliche Rhetorik referiert. Beides bedingt einander, denn wo kalte Sachlichkeit waltet, da kann - muß aber nicht - die ethische Wurzel, der eigentliche Urgrund aller gesellschaftlicher Bestrebung, sich kaum entfalten. Anhand eines Beispiels, entnommen einer Dokumentation, läßt sich das blendend belegen. Die Yes Men sind eine Gruppe humoriger Aktivisten, die das Spaßguerilla-Konzept kultiviert haben. Sie treten zuweilen in Schlips und Kragen auf, geben sich mal als Ökonomen, mal als Experten anderer Art aus, verbreiten unter falschen Namen haarsträubende Thesen, halten bedenkliche Vorlesungen vor Unternehmensbelegschaften und Organisationen, sprechen sich dort beispielsweise in sachlich-ökonomischer Form für Sklaverei aus und erhalten - sachlich wie das Publikum zuweilen ist - wohlwollenden Beifall.

Und so stehen sie eines Tages auch als Dozenten vor Studenten, unterbreiten denen reizvolle Visionen, wie man beispielsweise Menschen aus der Dritten Welt satt bekommen könnte. Die westliche Hemisphäre soll mit Toiletten ausgestattet werden, die das Produkt sitzender Preßvorgänge, den Kot eben, sichern und zur Weiterverarbeitung bereitstellen sollen. Ein spezielles Verfahren würde den Kot genießbar machen und weitere Innovationen würden dafür Sorge tragen, dass aus Scheiße kostengünstige Hamburger gestanzt werden könnten. Die Yes Men traten natürlich in der üblichen Yuppie-Manier auf, gewürzt mit einem sachlich-kühlen Altruismus. Beiden Seiten wäre geholfen, teilten sie ihren Zuhörern mit: die einen machen etwas Nützliches aus ihrem Dreck, die anderen schlemmen sich an eben jenem Nutzdreck die Bäuche übersatt. Die Sachlichkeit hat gesiegt, die Ratio hat das Klo zum Gourmet-Tempel befördert und schämt sich dieser Deklassierung scheißefressender Mitmenschen nicht einmal. Warum sollte man sich schämen? Wenn man es rational durchdenkt, wenn man ganz sachlich die Tatsachen, die Vor- und Nachteile, den Nutzen und die Kosten durchrechnet, dann ist für Scham an der moralischen Deformierung gar kein Raum mehr.

Freilich, einige Studenten ergriffen das Wort, entrüsteten sich vehement, versuchten aufzuzeigen, welche Erniedrigung man den Armen dieser Welt aufbürdete, wenn man Kot zu Hamburgern verarbeiten würde. Eine Erniedrigung, die auch dann verbleibt, wenn man tatsächlich aus dem Produkt Scheiße das Produkt Fleisch, köstliches, saftiges, aromatisches Fleisch gar, machen könnte. Die Arroganz einer ganzen Gesellschaft käme just in jenem Moment zutage, in dem wir drückend und pressend, manchmal keuchend und bauchhaltend auf der Toilette geschäftig zubrächten. Was unseren Hintern entschlüpft wäre gerade gut genug für unsere Mitmenschen in den armen Zonen dieser Welt. Wie gesagt, es entrüsteten sich einige Studenten. Aber nicht alle. Viele schwiegen, waren sichtlich genervt von den Interventionen ihrer Kollegen. Wo eigentlich alle aufstehen sollten, weil der satirische Fall (der hier für bare Münze genommen wurde) derart drastisch ist, dass er jeden zum Protest animieren müßte, stand wieder einmal nur eine Minderheit auf - und hätte man unter die Schädeldecken der Verschwiegenen blicken können: man darf sich fast sicher sein, dass der eine oder andere dem geschissenen Burger eine Chance gegeben hätte, weil die emsig im Kopf durchgepaukte Kosten-Nutzen-Rechnung ergeben hätte, dass es ein tolles Geschäft sein könne, wenn man es nur richtig anstelle; eine Win-Win-Situation für alle Seiten, nur für die ethische Kategorie nicht. Denn schließlich müsse man seine moralischen Bedenken beiseite wischen, damit man sich der Sache unvoreingenommen hingeben kann, bei der Sache, sachlich sein kann.

Die Yes Men bringen mit dieser Aktion genau diese Sachlichkeitsgläubigkeit auf den Punkt. Sie weisen in spaßiger, manchmal total überdrehter Form auf die Rationalitätsgläubigkeit unserer Gesellschaft hin, in der ethische Normen keinen Platz mehr haben, sofern diese sich nicht Kosten-Nutzen-Analysen unterziehen lassen. Sie kritisieren damit eine Gesellschaft, die jegliches Ziel verloren hat; eine Gesellschaft, die nicht mehr weiß, warum und wieso sie eigentlich arbeitet und Werte schafft. Eine Gesellschaft, die vergessen hat, dass jeglicher geschaffene Wohlstand dazu da sein sollte, der Menschheit das Leben zu erleichtern, den Kampf ums Dasein zu beenden - natürlich immer mit Rücksichtnahme auf Ressourcen und Umwelt. Die Sprache der Verlorenen ist die kühle Sachlichkeit, die sich an Zahlen und Statistiken hält, Hochrechnungen und Prognosen heranzieht, Kosten berechnet, Nützlichkeit abwägt und das finale Urteil keinem ethischen Bestreben unterordnet, unveräußerlichen Menschenrechten etc., sondern der toten Materie abstrakter Soll- und Habenspalten.

Sie - die Yes Men - ziehen die Sachlichkeitsmentalität heran, bauschen sie auf, benutzen sie, um kenntlich zu machen, was selbst in Kreisen, in denen zugunsten besserer Lebensverhältnisse zu denken vorgegeben wird, im Argen liegt. Sie veralbern in ihrer passionierten Art jene, die die Passion für die unterkühlte Sachlichkeit aufgegeben haben, sie machen sich über knallharte Rationalisten lustig, die nicht fragen, ob diese oder jene Maßnahme einem humanistischen Ideal entspricht, sondern nur auf kosteneffiziente Lösungen von Problemen abzielen. Damit demonstrieren sie, dass wirkliche Schaffenskraft der Veränderung nicht in der Sachlichkeit, sondern im passionierten Antrieb zu suchen sind - dass zumindest eine Sachlichkeit entworfen werden muß, die die Sache auch benennt, die Passion zulässt, Leidenschaft erlaubt, die die Direktheit geradezu zur Notwendigkeit macht. Wenn man will, dass es den Menschen dieser Erde besser geht, weil das Motiv idealistischer Natur ist, ist Bewegung und Veränderung machbar; wenn man handelt, weil Berechnungen zum Handeln ermutigt haben, ist lediglich Verschiebung in Sicht - Verschiebung der Nöte, der Probleme, schlechter Lebensverhältnisse. Verschiebung nur, weil das Primat der Sachlichkeit nur eine Galaxie des Denkens zulässt, andere Galaxien verneint. Es war einst die Leidenschaft umtriebiger Menschen, die zur Entdeckung gelangte, dass nicht der Mensch und seine Erde im Zentrum des Kosmos stehen, sondern in irgendeiner Galaxie ihr nichtiges Dasein fristen. Die Leidenschaft hat uns viele Galaxien sichtbar gemacht, die Sachlichkeit vergangener Tage hat andere Welten immer geleugnet. Verändert hat die Leidenschaft, geblieben sind Wahrheiten leidenschaftlicher Menschen.

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Seriös berichtet

Montag, 14. September 2009

Die Uhr zählt rückwärts. Menschenaufläufe vor der Stätte des Stumpfsinns. Reporterheere marodieren. Sind die Gladiatoren schon eingetroffen? Wer zuerst? Was trägt die Titelverteidigerin? Fragen über Fragen neben Fragen. Was glauben Sie, Herr Experte? Wer hat heute Abend die Nase vorn? Und Sie, Herr Demoskop? Lassen Sie doch mal Ihre Zahlen sprechen. Merkel oder Steinmeier oder gar keiner? Wer wird die Wählerinnen und Wähler begeistern? Die Uhr tickt erbarmungslos gen Stunde Null. Aber es bleibt noch ein Weilchen. Flott unseren exklusiven Experten gefragt, dann noch diesen, dann noch jenen. Doch halten Sie es kurz, Herr Sachkenner, nicht zu ausführlich, nicht zu tiefgründig. Wir wollen schließlich noch einen Einspieler platzieren, der sich mit Steinmeiers Mittagessen befasst. Seine Laktatwerte machen stutzig, Merkels Stuhlgang war unregelmäßig. Und wir müssen dringend noch den Pöbel befragen, der vor den Toren der intellektuellen Mattigkeit kampiert.

Was glauben Sie? Wem halten Sie die Daumen? Dem Herausforderer? Sagen Sie bloß! Warum? Was hat er, was Merkel nicht hat? Halt, keine Zeit mehr, unser Studioreporter hat Politiker Kenntmichnich am Mikrofon. Bitte, Herr Kollege, Sie haben das Wort. Herr, Kenntmich... ähm, Sie sehen also die Titelverteidigerin vorn. Interessant. Warum meinen Sie das? Im Urin. Achso! Vielen Dank auch. Kurze Einblendung in die CDU-Parteizentrale. Rote Nasen und La Ola. Angie! Angie! Angie! Fragen an torkelnde Christdemokraten. Warum Angie? Die Beste!... Angie is soooo geil! Gute Stimmung, wie Sie sehen können, werte Zuschauer. Noch ein Paar Minuten, nur Geduld. Gleich sind die Matadoren in der Arena. Derweil zu Reporter Jedermann, der steht bei der SPD. Frankie! Frankie! Tolle Atmosphäre. Die Sozialdemokraten sind selbstbewusst. Einen von der Toilette zurückkehrenden Rotschlipsigen am Arm gepackt. Halt, dürfen wir Sie was fragen? Was zeichnet Ihren Kandidaten aus? Franz ist super! Franz is ne ganz feine Kerl! Sie meinen wohl Frank? Frank-Walter?

Schneller Schnitt. Interview mit dem Verleger eines Magazins. Schwarz-Gelb ist mein Traum. Angela Merkel ist mein Traum. Danke für die bildreichen Worte. Vielleicht danach nochmal, wenn Sie wollen. Einige ergreifende Worte des Reporters selbst, berühmter Groschenheft-Moralist. Soziale Gerechtigkeit wird sicher ein zentraler Punkt, soziale Gerechtigkeit ist so wichtig - das schreibe ich selbst immer sonntäglich in meiner Kolumne, meine Damen und Herrn. Bleiben Sie dran, hier bekommen Sie alle Informationen zum Duell. Ah, ich höre gerade, der Mitbewerber betritt das Studio. Schwenk auf den Eintretenden. Er wirkt angespannt. Just in dem Moment schäkert er mit einem der vier Schiedsrichter. Wir bleiben bei Steinmeier, holen aber Psychologe Gernegroß zu uns, der uns die Szenen kommentieren wird. Gelassen sieht er aus. Ein ganzer Mann, strahlt Größe aus, der geborene Staatsmann. Der Anzug ist grau. Grau verdeutlicht Seriosität. Man sieht, er meint es ernst. Danke, Herr Nervendoktor. Seriosität, Sie haben es gehört, meine Damen und Herren. Es ist also kein Schaulaufen, die Farb- und Körpersprache veranschaulicht es uns. Kein Schaulaufen, wie es seit Tagen geunkt wird. Der Herausforderer fordert heraus, er geht richtig ran an die amtierende Titelverteidigerin. Und sein grünes Taschentuch ist Hoffnungsschimmer, nicht wahr, Herr Psychologe? Ach, der ist schon weg, bei den Kollegen vom Privatfernsehen.

Ein wenig Zeit verbleibt uns. Anke, Kollegin im Backstage-Bereich, wo bleibt Frau Merkel? Anke stutzt. Anke, wo ist die Kanzlerin? Anke glotzt. Anke, kannst Du mich... können Sie mich hören? Anke niest. Tut mir leid, wir haben da ein technisches Problem. Nochmals vor den Tempel geistiger Umnachtung, nochmals zu den Menschen vor dem Studio. Was ist bei Euch da draußen los? Ins Mikrofon schreiend: Massen von Menschen hier. Unglaublich! Die Demokratie blüht! Hier eine Gruppe CDU-Anhänger. Was glauben Sie? Angela! Angela! Freudentrunkene Demokraten! Vielen Dank, feiern Sie schön weiter. Sie sehen selbst, hier ist man überzeugt. Kurze Zwischenmeldung: Frau Merkel wird angekündigt. Sobald sie das Studio auch wirklich betritt, schalten wir zu ihr. Frau Dr. Wärgernwer, Sie sind Psychologin. Was meinen Sie, in welchem Outfit die Kanzlerin heute auftritt? Welche Farbe soll den Wählerinnen und Wähler verdeutlichen, dass sie es kann? Blau also! Sehr interessant. Oder rot, meinen Sie? Orange wäre auch möglich! Grün vielleicht. Soso, vielen Dank für diese wertvollen Informationen. Man glaubt ja gar nicht, was Farben alles ausrichten können. Ist sie schon im Studio? Nein? Die Uhr tickt und tickt. Ein bißchen Zeit ist ja noch, deshalb nochmals ein kurzer Einspieler. Steinmeiers Beraterstab wird vorgestellt, zwei unbekannte Glatzköpfe mit Brille. Merkel im Badeanzug, Merkels Leibgericht, Merkel grimassierend. Jetzt sind Sie gerüstet, meine lieben Zuseher. Jetzt wissen Sie alles, was notwendig ist. Ein wichtiger Gast kündigt sich an.

Auftritt Westerwelle. Herr Westerwelle, so kurz vor dem Ereignis, wie fühlen Sie sich? Ungerecht ist es, undemokratisch, ich wäre so gerne dabei. Herr Westerwelle, was würden Sie der Kanzlerin an den Kopf werfen, wenn Sie Steinmeier wären? Das wird ein Platzpatronenduell! Herr Westerwelle, warum glauben... tut mir leid, Frau Merkel has left the backstage! Danke, Herr Wester... und da ist sie auch schon! Siegessicher sieht sie aus. Sie lächelt sogar. Findet Zeit für Witzchen. Eine großartige Sportsfrau, sie gibt Herrn Westerwelle die Hand. Entschuldigung, Herrn Stoiber... Herrn... na, Steinbrü... meier. Sie gibt Meier die Hand. Alle in Position! Gleich wissen wir, wer das Land regieren wird. Passen Sie gut auf, liebe Zuschauer. Hier entscheidet sich Ihr Kreuz. Ein aufschlussreiches Duell, wünsche ich Ihnen. Möge Ihnen Ihre Wahl leichter fallen. Hoffentlich haben Sie sich Chips und Bier ins Wohnzimmer geholt, denn gleich wird es spannend. Tröten hervor! Und schalten Sie hinterher nicht ab, denn wir analysieren exklusiv für Sie den dramatischen Abend. Jetzt müssen wir an unsere vier Kollegen abgeben. Die Zeit ist reif.

Einspieler. Dramatische Musik, Pathos hinter Schwarz-Rot-Gold. Merkel - Steinmeier! Heimrecht Merkel, sie steht an erster Stelle. Wichtigkeitsschwangere Musik, wichtige Mienen diverser Schiedsrichter, jetzt wird Demokratie zelebriert...

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