Weniger Rotz auf Obst und Gemüse

Dienstag, 11. März 2014

Und jetzt etwas Positives. Man hat mir ja schon öfter gesagt, ich würde nur Negatives schreiben. Mein Blog beim »Neuen Deutschland« trage sogar den »Hiob« im Namen. Immer nur Hiobsbotschaften und so - geht es nicht mal unverzagter? Ich habe sogar einen Bekannten, der keine Nachrichten hören und sehen will, weil die nur Schlechtes dokumentierten. Ich sehe das anders. Manches kommt dort viel zu gut weg. Wenn sie uns sagen, was die Regierung alles so geleistet hat zum Beispiel.

Also von mir aus, mal was Positives: Nach vielen Jahren hat der Krankenstand mal wieder ein Plus verzeichnet. Er lag 2013 so hoch wie seit 14 Jahren nicht mehr. Das ist keine schlechte Meldung, auch wenn sie nicht ausdrücklich als frohe Botschaft markiert wurde. Nicht weil Menschen krank sind. Das ist schlecht. Aber wenn sie es schon mal sind, dass sie sich nicht zum Arbeitsplatz schleppen, weil sie um ihren Arbeitsplatz fürchten oder ihr Boss Druck macht, das ist doch nicht übel. Eine Trendwende mag das nicht sein. Die Techniker Krankenkasse, die die Zahlen lieferte, erklärt es dann ja auch mit einer Erkältungswelle. Aber dass die Patienten die sozialstaatliche Errungenschaft der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall auch in Anspruch nehmen, wenn es nötig wird, zeigt doch, dass nicht alles schlecht ist in diesem Land.

Natürlich gibt es auch schlechte Nachrichten, die die Techniker Krankenkasse aber als positive Meldung bringt: Erstmals haben die Krankschreibungen aufgrund psychischer Störungen nicht zugenommen. Man kann nun annehmen, dass die psychische Belastbarkeit ausgereizt sei. Dass die Menschen nicht mehr psychisch krank würden. Oder aber Ärzte und der Medizinische Dienst sind einfach etwas penibler geworden, drängen psychisch Erkrankte wieder an den Arbeitsplatz oder in die vom Jobcenter verordnete Verfügbarkeit für den Arbeitsmarkt.

Was der Bericht der Techniker Krankenkasse leider nicht zeigt, ist die Zusammensetzung der Krankgeschriebenen nach sozialem Status. Wer arbeitet Vollzeit oder geringfügig? Wer war arbeitslos? Und wer fungierte als Leiharbeiter? Denn da wären schon wieder Hiobsbotschaften vorbestellt. Leiharbeiter werden gerne aus dem Vertrag geworfen, sofern sie erkranken, um dann nach Genesung wieder rehabilitiert zu werden. So spart sich der Arbeitskrafthändler die Lohnfortzahlung. Und Geringverdiener erhalten eine solche oft gar nicht, weil sie Arbeitskräfte zweiter Klasse sind. Sollten sie sie doch planmäßig sechs Wochen erhalten, haben sie danach aber keinen Anspruch auf Krankengeld mehr, weil sie ja nicht automatisch über ihren Job krankenversichert sind.

Man sieht, ich bin für gute Nachrichten offen. Und Menschen, die mit ihrem Dünnschiss nicht in die Werkstatt fahren, sondern sich ins Bett pflanzen oder eben auf die Schüssel, sind ein gutes Zeichen. Meine Mutter hatte mal eine Kollegin, die selbst mit schwerer Erkältung ihren Dienst in der Obst- und Gemüseabteilung eines Supermarktes angetreten hat. Als ich mal die Nasetröpfchen sah, die sie über Äpfel und Gurken verteilte, kam mir fast das Kotzen. Wenn eine Krankenkasse jubelt, weil der Krankenstand mal wieder zurückging, dann tut sie das für die Arbeitgeber und deren Anspruch, überhaupt keine Lohnfortzahlung mehr zahlen zu wollen. Aber Rotz auf Obst und Gemüse ist ein unwürdiges Spektakel. Von der Ansteckungsgefahr gar nicht erst zu reden. Wenn dieser Trend der letzten Jahre ein wenig gestoppt worden ist, dann ist das keine schlechte Nachricht. Und das mitten in einer Epoche vieler übler Nachrichten.


3 Kommentare:

Carlo 11. März 2014 um 14:08  

Hallo Roberto, kennst Du Job (biblical figure) ? Wenn nicht schau mal bei Wikipedia in englischer Sprache nach. Allein die Bebilderung ist durchschlagend...Leon Bonnat
Wieso das in unserem Sprachgebrauch, gar jetzt "Jobcenter" heißt überlasse ich Deiner Ironie. Du bringst das eh besser rüber, als ich.
Gruß Carlo

Anonym 11. März 2014 um 15:08  

Natürlich ist nicht alles schlecht im Staate. Schlecht ist nur, daß man das Gute immer öfter mit der Lupe suchen muß.

Der Souverän

ad sinistram 11. März 2014 um 15:19  

Ja, das stimmt. Dann war ich heute mal deine Lupe.

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