Na Neger, komm ich zeig dir mal 's Reich

Mittwoch, 11. März 2015

Der CDU-Generalsekretär ist eine seltsame Figur. Selbige macht er auch oft. Auf Plakaten und intellektuell. Bei ersteren gibt er sich betont cool. Cooler, als es ein Onkel aus seiner Partei überhaupt sein kann. Eine seltsame Figur gibt er wie gesagt auch bei manchen Themen ab, die er so behandelt. Jetzt bringt er ein Zuwanderungssystem ins Gespräch, bei dem jeder Zuwanderer einen Paten an die Hand kriegen sollte.

Herr Meier aus dem Erdgeschoss
und seine Patenkinder
In Kanada soll es wohl so laufen. Und Tauber findet, dass es in Deutschland auch so gehen könne. Ein Pate kümmere sich dann um den Zuwanderer, erklärt ihm die deutsche Politik und Geschichte und bringt ihm »unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung« nahe. Außerdem seien Einwanderer keine Bittsteller mehr, weil sie in »Willkommenszentren« ihre Dinge regeln könnten. Bei letzterer Sache muss man sich keine Hoffnungen machen. Zentren gibt es viele im Lande. Man hat welche geschaffen. Jobcenter zum Beispiel. Dort gibt es aber keine Jobs. Nur Zumutbarkeit. Und Sanktionen, wenn man nicht spurt. Ob Willkommenszentren also Orte des Näherkommens sind, bleibt abzuwarten. Politik in Deutschland heißt besonders, sich den Kopf um Euphemismen zu zerbrechen. Wenn dann der neue liebliche Name steht, wenn er süßlich in den Gehörgängen zischt, dann glauben alle, sie hätten die Welt verändert und klopfen sich anerkennend auf die Schulter.

Tauber spricht also die Willkommenskultur an. Offenheit. Weltzugewandheit. Aber dann will er Menschen, die nach Deutschland kommen, irgendeinen alten Zausel an die Hand kleben, der ihnen erklärt, wie »unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung« funktioniert. Anders gesagt: Man muss den dummen Ausländern mal erklären, wie das so läuft in der Freiheit und in der Demokratie. Man muss ihnen auch gleich mal jeden autoritären oder fundamentalistischen Unterton austreiben, indem man ihnen darlegt, wie der Laden hier zu aller Zufriedenheit läuft. Willkommen im Willkommenszentrum ...

Und überhaupt, wer qualifiziert sich als Pate? Kann das jeder machen? Auch der Typ aus dem Erdgeschoss, der dauernd auf die Roma schimpft, junge Leute Kiffer schimpft und Sarrazin den letzten standhaften Sozialdemokraten nennt? Ja, von so einem kann man gewiss viel über Deutschland lernen. Von dem oder den anderen 61 Prozent aller Bundesbürger, die Zuwanderung aus Nicht-EU-Ländern strikt ablehnen. Das gäbe ein Bild für die Götter ab, wenn eine dieser AfD-esken Gestalten mit einem Afrikaner an der Hand flanieren ginge und ihm sagte: »Na, komm mal mit mein lieber Neger, ich zeig dir mal 's Reich.« Das hat fast so ein bisschen was wie früher, als man noch wer war in Namibia oder Deutsch-Ostafrika.

Klar, Tauber schwört auf die Zivilgesellschaft. Sie ist  ja auch billig. Freiwilliges Engagement ist der Schnäppchenmarkt eines Staates, der sich aus allen Bereichen zurückzieht und sagt: »Macht das selbst mit euch aus.« Manchmal kann man das akzeptieren. Hin und wieder ist ein solches Engagement ja auch gut. Aber ausgerechnet die Zuwanderung in Hände potenzieller Ausländerhasser, Islamophober und Geschichtsklitterer zu legen, das ist schon ein Stück ausgewiesener Betriebsblindheit.

Und dann sollen die Paten auch noch deutsche Politik und Geschichte vermitteln. Paten, die aus einem Land stammen, in dem RTL und die Bildzeitung immer noch starke Massenmedien sind. Aus einem Land, in der die Allgemeinbildung stagniert. Aus einem Land, in dem Bohlens Biographien weggingen wie Freibier. Ja, ist klar. Es werden sich nur die Belesenen melden, um mit dem Einwanderern Gassi zu gehen. Und am Ende weiß dann jeder Afrikaner, der es ins Land schafft, dass Honecker der zweite Bundespräsident der Bundesrepublik war, der noch von Hitler ins Amt kooptiert wurde und der als erste Amthandlung diesen Tauber zum Innovationsminister ernannte.

5 Kommentare:

Boncompte 11. März 2015 um 09:05  

Oh je, die CDU mal wieder von hinter den Bergen bei den 7 Zwergen aus ihren Kaninchenzüchter-Verein, unfaßbar...

Wie schön, wenn stattdessen die Zugewanderten dann vielleicht flugs den Spieß umdrehen würden, um die spießigen ur-deutschen Lehrmeister zu belehren... so in puncto Liebe & Lebensfreude, Gemeinschafts- und Familiensinn, Umweltbewußt-Sein usw., usf.

Könnte sicher nicht schaden, oder?! Danke, Evolution... ;-)



Anonym 11. März 2015 um 09:31  

Mensch könnt womöglich hoffen, dass der Deutsche Musterbürger seine Xenophobie verlieren möge… er könnte dann womöglich sehen, dass es genauso Menschen wären wer der Pate selbst.

Er wer kennt nicht den Deutschen Musterbürger, und da gebe ich Ihnen doch eher recht.

Frau Lehmann 11. März 2015 um 16:19  

Na, da können sich ja alle "Ossis" freuen, dass sie als Paten nicht geeignet sein werden, weil selber zu viele Demokratiedefizite.
Als ich nach der Wende an der Volkshochschule mit Aussiedlern gearbeitet habe, durften wir (ja, die Aussiedler genauso wie die DDR-Geborene Betreuerin) derart Einweisungen von demokratiegelernten Experten bereits "genießen".
Hängen geblieben ist ein Gefühl der Minderwertigkeit und Bevormundung.
Auch das ein Grund, warum ich mich als Patin nicht geeignet fühle.
Außerdem wird sich im Zuge derlei Umsetzungen bestimmt eine neue Geschäftslinie etablieren. Oder glaubt jemand daran, dass die künftigen Paten nicht "qualitätsgecheckt" werden?

maguscarolus 11. März 2015 um 18:23  

Da fällt mir doch sofort aus Polts - Fast wia im richtigen Leben der Herr Tschabobo ein. Wahrlich: Das deutsche Bürgertum zum Fremdschämen!

kevin_sondermueller 15. März 2015 um 12:46  

»… ,bei dem jeder Zuwanderer einen Paten an die Hand kriegen sollte.«

Habe zuerst »Spaten« gelesen –
kein Wunder bei dieser Klappspatenidee des Herrn Tauber!

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